Las Vegas, Oktober 1994. Zwischen dem 27. und 30. Oktober 1994 fand in der Spielerstadt Las Vegas das 12. Tournament of Champions (TOC) statt. Eingeladen waren wiederum die besten Modellflieger der Welt auf Grundlage der letzten WM F3A 1993.
Die deutschen Farben wurden von Peter Erang und dem Autor vertreten. Das TOC kann 1994 auf eine 20jährige Geschichte zurückblicken und läutete durch ein geändertes Reglement, auf das ich noch genauer eingehen werde, eine neue Ära ein. Im Jahr 1974 hatte das Circus Circus-Hotel bzw. sein Inhaber G. Bennett zum ersten Mal eingeladen.
Damals flog man noch mit normalen F3A-Modellen. Im Laufe der Zeit wurden die Modelle größer, es wurden Nachbauten von Kunstflugmaschinen gefordert, wobei lediglich eine maßstäbliche Toleranz von 10% bezüglich der Originalabmessungen erlaubt war.
Dreiseitenansichten müssen auch heute noch vorgelegt werden, und zu Beginn des Wettbewerbs werden mehr als 30 Daten von einer Kommission geprüft. Liegt ein Modell hierbei nicht im 10%-Limit, wird der Teilnehmer disqualifiziert.
Prominentestes Opfer dieser Regelung war im Jahr 1984 der mehrfache TOC-Sieger Hanno Prettner, als seine Modelle bei dieser Prüfung durchfielen.

Flog man zunächst Nachbauten mit etwa 200 cm Spannweite und Motore um 15 bis 20 ccm, wuchsen die Modelle in den folgenden Jahren über 220 cm und 35 ccm bis hin zu den heute üblichen F3A-X-Modellen mit 240 cm Spannweite und Antrieben um 60 bis 70 ccm.

1988 gab es für den Einsatz von Doppeldeckern einen 2%igen Bonus; da diese Kategorie nach 1992 ihren Reiz verloren hatte, wurde für das 94er TOC ein neuer Anreiz geboten.
Das TOC ist wohl der weltweit bedeutendste Wettbewerb und hat maßgeblichen Einfluß auf die Modellentwicklung ausgeübt. Die heutige Klasse F3A-X hat hier ihre Wurzeln und wurde vom mehrfachen TOC-Teilnehmer Günter Hoppe ins Leben gerufen.

Dennoch kann weder die Klasse F3A noch F3A-X mit dem TOC verglichen werden. Zum einen erfüllt die Mehrzahl der eingesetzten X- Modelle die 10%-Regel nicht, zum anderen sind die Programme beim TOC deutlich schwieriger.

Geflogen werden eine bekannte Pflicht, an jedem Tag eine andere unbekannte Pflicht sowie zwei Freistilkür à vier Minuten.

Was ist nun beim TOC eigentlich so anders im Vergleich zu den uns bekannten Wettbewerbsklassen?

Beim TOC ist beispielsweise regelmäßig die Rollrichtung vorgeschrieben – bei falscher Drehrichtung gibt es eine Null! Bei den Wendefiguren, meist mit gerissenen Figuren ausgestattet, würde man bei falscher Drehrichtung aus der Box fliegen.

Erschwerend kommt hinzu, daß je nach Windrichtung diese Drehrichtung wieder geändert werden muß.

Als Beispiel diene die erste Figur der hier angeführten „Unbekannte Pflicht“. Von oben herab ist eine 13/4 Rolle positiv links gerissen verlangt, bei einem Anflug von rechts. Dreht nun der Wind und wird von links angeflogen, so muß dieser Snap rechts herum geflogen werden.

Das gilt dann selbstverständlich auch für alle anderen Rollfiguren. Dieses kurzfristige Umdenken ist für einen Piloten äußerst schwierig. – Desweiteren werden in fast jeder zweiten Figur gerissene Rollen geflogen, und das Programm ist mehr an den Großkunstflug angelehnt.

Es wird nicht so sehr „von links nach rechts“ geflogen wie in F3A oder F3A-X, sondern mehr „von unten nach oben“; so gibt es keine langsame oder 4-Punkt-Rolle in der Horizontalen.

Auch werden in F3A oder F3A-X keine Rollenkreise geflogen – hier aber Rollenkreise mit bis zu vier Rollen verlangt, wobei noch die verschiedensten Variationen möglich sind. Rollenkreise aus der Normalwie aus der Rückenfluglage werden hier verlangt, wobei wiederum die Drehrichtung (einwärts oder auswärts drehend) vorgeschrieben ist.

Daneben werden auch solche mit Umkehr der Drehrichtung im Rollenkreis gefordert. Da fast alle Piloten eine bevorzugte Drehrichtung haben, kann der Schwierigkeitsgrad andeutungsweise selbst einmal getestet werden, indem der Interessierte die Rollrichtung bei einer langsamen Rolle einmal zur anderen Seite hin wechselt …

Ein weiteres Problem sind die unbekannten Programme, die erst am Vorabend bei Dunkelheit verteilt werden und bereits am folgenden Tag (ohne vorheriges Training!) geflogen werden müssen.

Sollte jemand in den Morgenstunden bei einem heimlichen Trainig erwischt werden, droht der Ausschluß vom Wettbewerb! So müssen Pilot und Copilot am Abend zunächst einmal einen Ansagezettel entwerfen und eine für den Piloten verständliche Ansagetechnik entwickeln.

Da das Programm nicht auswendig gelernt werden kann, ist hier ein eingespieltes Team erforderlich.

Als Beispiel für eine dieser „Unbekannten“ dient die hier abgedruckte Arestizeichnung sowie der von uns dazu entwickelte Ansagetext – der allerdings nur für eine Windrichtung (Anflug von rechts) gilt; bei Anflug von links müssen alle Drehrichtungen verändert werden!

Wer die TOC-Anforderungen einmal selbst erfahren will, sollte sich zusammen mit einem Ansager einmal eine Stunde damit beschäftigen und dann das Programm fliegen; dann wird der Unterschied zu F3A oder auch F3A-X sehr deutlich werden.

Daß sich sowohl Peter Erang wie auch der Autor bei diesen Unbekannten nicht ein einziges Mal verflogen haben, spricht für sich.

Programminhalt ist schließlich noch die vierminütige Freistilkür, die mit Rauch und Musik unterlegt werden kann. Überschläge, extreme Flachtrudler sowie die bekannte TorqueRoll werden hier geflogen.

Nach exakt vier Minuten müssen die Räder wieder den Boden berühren, ansonsten gibt es pro Sekunde 30 Punkte Abzug.

Die meisten Piloten hatten sogar eine exakte Choreographie zwischen Musik und einzelnen Figuren einstudiert was aber nur möglich ist, wenn man sich ein Jahr ausschließlich auf das TOC konzentriert.

Aber nicht nur Modelle und Programme haben sich im Laufe der letzten 20 Jahre geändert – auch die Höhe der hier fließenden Gelder erfuhr eine ordentliche Entwicklung: Gab es 1974 ein Preisgeld von 11.000 $, so ging es 1994 um 134.000 $! –

Zu Beginn stand auch jährlich ein TOC auf dem Programm, dann ging man zu einem zweijährigen Turnus über. In den Jahren 1974 bis 1984/88 beherrschte Seriengewinner Hanno Prettner den Wettbewerb; nachdem er sich 1990 aus dem TOC-Geschehen zurückgezogen hatte, wurde Chip Hyde zur dominierenden Person und war auch diesmal Titelverteidiger.
Um dem TOC eine neue Entwicklung zu geben, wurde für 1994 das bis dato bestehende Gewichtslimit von 10 kg aufgehoben, die Hubraumbegrenzung von 70 auf 148 ccm erhöht und für Modelle ab einem gewissen Flächeninhalt eine Bonusstaffelung von 1 bzw. 2% je Durchgang eingeführt.

Erwähnt werden muß auch, dass zum Teil bis zu 20.000 Punkte pro Durchgang erflogen wurden (nicht lediglich etwa 450 wie bei F3A).

Somit hat die Bonusregelung deutliche Auswirkungen.

Es sollte sich zeigen, dass diese Kombination für erhebliche Beachtung bei den Zuschauern führte. Lobenswert ist anzuführen, dass die Firma Toni Clark hier die einzige Firma auf dem Markt ist, die ein Komplettsystem zum kraftvollen, vibrationsarmen und dennoch leisen Fliegen anbietet.

Daneben ist der ZG 62 sehr leicht, zuverlässig und preiswert; nicht zuletzt deswegen ist dieser Motor in der Klasse F3A-X sehr beliebt.

Die anderen Teilnehmer verwendeten Motore mit 95 ccm (Sachs-Dolmar), 3W-120, 140und 148-ccm-Triebwerke. Eine Schwinggummiaufhängung oder Resorohre wurden von keinem anderen Piloten eingesetzt.

Lautstärke ist beim TOC Trumpf! So drehte der Aykes Pylonracing-Motor (140 ccm) von Chris Lakin mit einem Zweiblattprop 26×12 über 11.000 U/min bei einer db(A)Zahl von über 120 in sieben Metern Entfernung.

Beim Anwerfen solcher Motore verwendeten Pilot wie Helfer Ohrschützer, und ein Feuerlöscher stand immer griffbereit.

Beim Training auf einem großen ausgetrockneten See waren diese Maschinen so laut, daß wir unsere Modelle im Flug kaum mehr hörten obwohl wir uns am anderen Ende des Sees und in 2 km Entfernung befanden!

Diese über drei Meter spannenden Modelle wogen zwischen 18 und 25 kg und wurden in riesigen Anhängern zum Flugplatz gebracht.

Zudem hatten die meisten dieser Teilnehmer auch nur ein solches Modell dabei. Die Großmotoren wurden vorwiegend mit nitriertem Treibstoff betrieben, bei einem Tankinhalt von 1,5 bis 2 Litern. Beim Training verflogen die Amerikaner pro Tag und Pilot gut 20 bis 25 Liter Kraftstoff.

Außerdem hatten einige Teilnehmer eine komplette PC-Station im Hotelzimmer aufgebaut, um vermutlich die unbekannten Programme abends am Simulator einzuüben und die gerissenen Rollen abzuspeichern.

Zum Teil wurden Sender eingesetzt, in denen die verschiedenen Snaps der Reihenfolge nach und mit Timer einprogrammiert werden konnten.

Am nächsten Tag brauchte der Pilot nur noch den Schalter zu betätigen, und die Software blätterte selbständig von einer gerissenen zur anderen – ein Riesenvorteil, da man während des Fluges in keinster Weise hinsichtlich der Drehrichtung nachdenken muß: einfach drücken, und das Modell dreht in die richtige Richtung!

Teilweise wird für das TOC ein riesiger Aufwand betrieben. So hatte der Australier Goldsmith hierfür eigens vier große CAP 231 EX gebaut und im Laufe des Trainings etwa 1.100 Liter Kraftstoff verflogen, dabei auch zwei seiner Modelle verloren.

Das ganze Projekt hatte ihn umgerechnet gute 20.000 Mark gekostet. Solchen Aufwand konnten Peter Erang und ich natürlich nicht betreiben, forderten doch auch die Kader-Wettbewerbe und die EM ihren Tribut.

Die Zeit reichte gerade mal für 50 bis 60 Flüge mit jedem Modell. So ist auch zu verstehen, daß sich schließlich einige für den Leser unbekannte Piloten vor uns platzierten. Bedenkt man zudem die Bonus-Regelung, so sind wir mit den letztendlich erreichten Plätzen 12 und 13 zufrieden.

Das neue Reglement hatte bereits im Vorfeld des TOC für Diskussionen gesorgt; besonders für die europäischen Piloten ist es nahezu unmöglich, zwei solcher Riesenflugzeuge nach Las Vegas zu transportieren.

Ein Dank gilt an dieser Stelle Herrn Thoma vom DAeC, der letztendlich eine Lösung fand. Daneben hatten viele dieser großen Modelle auch Festigkeitsprobleme. Das hohe Gewicht sowie die geforderten Belastungsfiguren forderten hier ihren Tribut, es gab Abstürze in Training und Wettbewerb.

Ich glaube auch nicht, daß sich diese Modelle mit über drei Metern Spannweite in Deutschland durchsetzen werden; die damit verbundenen Probleme und Umstände sind einfach zu groß.

Bei den Modellen beherrschten die EA 300-Varianten das Geschehen; die 330 cm spannende Maschine von Geoff Combs war wohl der beste Nachbau einer 300/S, den ich je gesehen habe.

Die Maschine wog 22 kg und war mit einem 3W-120 ausgerüstet. In Sachen Leistung wurden diese Triebwerke nur noch vom Aykes Racing Motor (140 ccm) in Chris Lakins großer SU-26 MX übertroffen – mit Abstand der stärkste, aber auch lauteste Motor.

Titelverteidiger Chip Hyde flog einen Motor des Typs Precision Eagle, der seine riesige Ultimate mit 280 cm Spannweite antrieb. Wie zu erfahren war, waren alle Motore ab 100 ccm speziell nachbearbeitet, um den Modellen genügen Kraft zu verleihen.

Aus meiner Sicht ist auch mit diesen Antrieben ein leiseres Fliegen möglich, vorausgesetzt, man verwendet die entsprechende Ausrüstung.

Und erstaunlicherweise erkundigten sich viele Zuschauer nach der Antriebseinheit ZG 62 SL/ Hydro-Mount-System. Anscheinend spricht sich auch im Land der unbegrenzten Möglichkeiten herum, daß mit etwas Entwicklungsarbeit ein sehr leises und dennoch kraftvolles Fliegen möglich ist.

Entgegen so manchen Gepflogenheiten bei EM und WM ist es bei TOC auch möglich, als Neuling unter die ersten Drei zu fliegen.

So ist allgemein die Wertung auf diesem Wettbewerb lobend herauszustellen.

Vor diesem Hintergrund erstaunte der Franzose Christophe Paysant-Le Roux, der sich mit seiner 240 cm großen CAP 231 EX auf Rang 3 platzierte, so dürfte er ein ernsthafter Kandidat für den Titel sein!

Die einzelnen Platzierungen sind der Tabelle zu entnehmen. Großer Verlierer der letzten beiden Jahre dürfte Chip Hyde sein, der im letzten Jahr seinen WM-Titel verlor und bei diesem TOC „nur“ Platz 4 belegte.

Für jemanden, der Vollprofi ist und vom Modellbau leben muss, ist das eine kleine Katastrophe und kann keinesfalls befriedigend für ihn sein.

Erwähnenswert ist noch, daß der diesjährige Gewinner Quinque Somenzini (seine Freistilkür muß man gesehen haben!) mit einer Helferschaft von 25 Personen angereist war.
Glück und Unglück lagen bei seinem Sieg nahe beisammen, denn er mußte einen Flug mit Anlagenstörungen abbrechen, einen zweiten trotz Störungen zu Ende bringen.

Hätten diese zu einem Absturz geführt, wäre das TOC für ihn zu Ende gewesen, denn er hatte nur eine Maschine dabei. Zahlreiche Helfer kümmerten sich auch um das Modell des Zweitplazierten Steve Stricker; fast jeden Abend wurde sein Motor zerlegt und von Ölkohle gereinigt.

Eine Einladung zum TOC ist einerseits eine bedeutende Sache, andererseits natürlich auch mit zahlreichen Umständen verbunden. Es muß eine Menge Freizeit investiert werden, so daß kaum noch Zeit für die Familie bleibt. Ein Dank geht natürlich auch an die zahlreichen Helfer und Firmen, die solche Unternehmungen unterstützen.

Genannt seien hier die Firmen Toni Clark, Graupner und robbe, außerdem Herr Thoma vom DAeC für die Organisation des Fluges. Nicht vergessen werden soll hier auch Peter Lumpe, der beim Bau meiner Modelle tatkräftig zur Hand ging und uns während unseres Aufenthaltes in den USA sehr geholfen hat. Und sicherlich ihren Teil zum Erfolg beigetragen haben die hervorragend fliegenden Modelle der Firma Lagemann.
Text: Peter Wessels, Modellflug International
Bilder: Peter Erang, Christophe Paysant-Le Roux, Jason Shulman