Hier der Report der 14. F3A RC Kunstflugweltmeisterschaft in Flevohof / Niederlande. Ernst Peter Kattelmann war der damalige deutsche Teammanager. Nach der Weltmeisterschaft nahm er sich Zeit und dokumentierte diese Weltmeisterschaft sehr professionell in einem Bericht.
Die Königlich Niederländische Vereinigung für Luftfahrt hat das 50-jährige Bestehen der Modellflugabteilung zum Anlaß genommen, eine Weltmeisterschaft F3A auf dem Flevoland auszurichten.
Dort hat bereits 1984 die Europameisterschaft F3B stattgefunden, und es gab viele skeptische Stimmen, die gesagt haben, daß, falls es regnet, diese Weltmeisterschaft buchstäblich ertrinken würde. Man muß noch wissen, daß das Flevoland 7 m unter dem Meeresspiegel liegt und 1952 begonnen wurde, das Land dem Meer abzuringen. Die Amerikaner waren eine Woche vor Beginn schon eingetroffen und hatten sich als erstes mit Gummistiefeln eingedeckt.
Wie durch ein Wunder ist die Schlechtwetterperiode für eine Woche ausgesetzt worden und die riesigen Wasserlachen trockneten bereits am ersten Trainingstag. Vorsorglich hatte man auf den Rasen eine Piste aus künstlichem Hockeyrasen gelegt. Die Piste wurde allerdings dadurch sehr uneben, und Start und Landung erforderten große Aufmerksamkeit der Piloten.
Dies war aber auch wohl der einzige Schwachpunkt der WM. Alles andere war hervorragend organisiert, und alle Helfer der Organisation haben dafür gesorgt, den Aktiven das Leben so leicht wie möglich zumachen. Man konnte wohl merken, daß hier Modellflieger für Modellflieger aktiv waren.
Der Flevohof ist eine vielbesuchte Attraktion (700 000 Besucher pro Jahr). Erst vor 10 Jahren wurde dem landwirtschaftlichen Betrieb ein Vergnügungspark mit sehr schönen Gartenanlagen,
Gewächshäusern, Museum, kleinem Zoo und einigen Spielmöglichkeiten für Kinder angegliedert.
Im Umkreis von wenigen Kilometern befinden sich mehrere Bungalowparks, und damit war die Unterbringung für Organisation und Aktive gesichert. Die deutsche Mannschaft, Günter Hoppe, Bertram Lossen und Vater Hubert, Werner Schweiker und ich reisten am 8.9. an und hatten innerhalb kürzester Zeit die nötigen Informationen über Unterbringung, Piste, Essen etc. Nach Besichtigung der Bungalows meldeten wir uns sofort bei der Sender- und Modellprüfung. Bei der Modellprüfung war neu, daß die Modelle zerlegt werden mußten und genauestens untersucht wurden.
Man suchte offensichtlich nach Autopiloten oder Kreiselsteuerungen. Es wurde nichts gefunden. Das Modellgewicht lag überwiegend bei 3,7 bis 4,2 kg Leergewicht. Gerard Werion aus Belgien hatte das schwerste Modell mit 4,5 kg und Hanno Prettner mit 3,5 kg (vollgetankt) eines der leichtesten Modelle. Es ist aber auch eines der kleinen Modelle: Man muss überhaupt sagen, daß ein großer Teil der Piloten Modelle an den Start brachten, die denen des alten F3A-Programms entsprachen.
Die Japaner hatten Weiterentwicklungen in Richtung hohe Steigleistung und hohe Geschwindigkeit mitgebracht. Ihre kleinen, leichten Modelle wurden durch Yamada YS FR 10 ccm mit Kato Verstellpropeller und hoher Steigung angetrieben. Das Ergebnis ist verblüffend.
Im ersten Durchgang flogen Naruke und Suzuki Quadratloopings, innerhalb deren Größe der deutsche, nicht an der Weltmeisterschaft teilnehmende Ernst Lipperer sein gesamtes F3A-Programm untergebracht hätte. Später haben sie dann versucht, etwas kleiner zu fliegen.
Die Punktwerter bekamen den „schwarzen Peter“ und sollten nach eigenem Ermessen entsprechend werten. Sie haben diese schwierige Aufgabe sicherlich besser gelöst, als man erwarten konnte. Das F3A-Komitee hat während der WM getagt und wird für die nächste WM eine Fensterbegrenzung nach rechts und links durch 4 m hohe Stangen bringen. Damit wird das Jet-Fliegen und Überfliegen der Begrenzungen um 100 m und mehr wohl eingestellt werden.
Dann werden extrem schnelle Modelle nur noch in großer Entfernung innerhalb des Fensters geflogen werden können. Dies werden die Punktwerter aufgrund des schlechten Erkennens der Modelle sicher stark bestrafen. Das offizielle Training war für den 9.9. angesetzt. Hier bekommt jeder Teilnehmer 10 Minuten Zeit, um mit einem Start die Verhältnisse kennenzulernen. Es ist natürlich auch die letzte Möglichkeit, die wichtigsten Konkurrenten und deren Können einzuschätzen.
Für die Mannschaftswertung waren natürlich wie immer die Amerikaner die Favoriten. Sie hatten, bis auf England 1962 und 1964, sowie Deutschland 1969 und Japan 1973, immer die Mannschaftswertung gewonnen. Ron Chidegey, Amerikaner und Chairman F3A bei der CIAM, hatte unsere Mannschaft bereits 1984 bei der Europameisterschaft beobachten können und damals bestätigt, dass die Amerikaner mit uns eine starke Konkurrenz haben würden.
Die „Amis“ flogen einen ähnlichen Flugstil mit relativ großen Modellen. Dave Brown brachte drei Modelle von knapp 1,80 m Spannweite, motorisiert durch OS- 120er Viertakter bei 3,7 kg Gesamtgewicht, mit. Ein Modell wurde in der ersten Trainingswoche zerstört.
Toni mit Kato-Verstellpropeller, den er gelegentlich sogar mit Umkehrschub benutzt. Bill Cunningham war für uns schlecht auszurechnen und auch Ivan Kristensen aus Kanada, der 4 Tage mit Günter Hoppe und Werner Schweiker trainiert hatte, konnte über ihn und seine Leistungsfähigkeit nichts sagen. Im offiziellen Training versuchte Bill bei sehr starkem Seitenwind mit relativ langsamem Modell, vielleicht beeinflusst durch die riesigen, aber exakten Figuren der Japaner, einen ähnlichen Flugstil. Er konnte das Modell dabei nur schlecht auf der Linie halten. Dave Brown und Toni Frackowiak wurden ebenfalls durch den starken Wind verblasen.
Bei der Auslosung haben wir recht gute Karten erwischt. Günter Hoppe hatte am ersten Tag zwei Durchgänge, am zweiten Tag Pause und am dritten Tag wieder zwei Durchgänge zu fliegen. Werner und Bertram hatten am ersten Tag einen, am zweiten Tag zwei und am dritten Tag wieder einen Durchgang zu fliegen. Hoffentlich würde das Wetter einigermaßen gleichmäßig sein. Normalerweise weht der Wind am Flevohof aus westlichen Richtungen. Ich hatte mir 4 Wochen vorher das Gelände und die Lage angeschaut.
Hanno Prettner flog beinahe so groß wie die Japaner, konnte allerdings das Modell besser im Fenster halten. Wir sahen dem ersten Durchgang optimistisch entgegen. Da vier Durchgänge an drei Tagen zu fliegen waren, war natürlich klar, dass jeder Pilot einen Tag mit zwei Durchgängen haben würde. Als dann am Trainingstag der Wind von Norden kam und ich andere als westliche Richtungen nahezu ausgeschlossen hatte, mußte ich natürlich einigen Spott ertragen. Am ersten Wettbewerbstag stimmte meine Prognose wenigstens.
Der Wind änderte dann aber jeden Tag die Richtung. Naruke auf Piste B und Wolfgang Matt auf Piste A waren mit Startnummer 2 die ersten Spitzenpiloten im ersten Durchgang. Wertungen von 383 für Naruke und 386 für Wolfgang setzten die ersten Zeichen. Das Überfliegen der gedachten Linien und der Jet-Stil des Japaners wurden wohl doch nicht so bestraft, wie wir erwartet hatten. Allerdings flog Naruke sehr präzise. Die Amerikaner, Hanno Prettner und auch die deutschen Piloten flogen den ersten Durchgang auf der gleichen Piste wie der Japaner.
Hanno zog mit 412 Pkt. davon. Die Wertungen für unsere Teilnehmer mit 371 (Hoppe), 385 (Schweiker) und 389 (Lossen) ließen alle Möglichkeiten offen. Erst wenn der zweite Durchgang auf der anderen Piste geflogen war und die pistenbezogene Wertung (der beste Pilot = 1 000 Pkt.) errechnet war, konnte über vorläufige Platzierungen mehr gesagt werden. Die Amerikaner blieben etwas zurück. Bill Cunningham konnte auf Piste B abends im zweiten Flug, wie auch Günter Hoppe, eine gute Wertung mit 370 Pkt. fliegen. Frackowiak übertraf diese noch um 4 Pkt., und Kristensen (Kanada) flog nach 380 im ersten mit 360 im zweiten Durchgang wohl seinen Streicher.
Wo waren die 4-Takter? Dave Brown, bester 4-Takter bis zum Schluß, lag mit 372 und 359 Pkt. Noch ganz gut im Rennen. Beobachten konnten wir nur noch Emil Giezendanner auf unserer Piste mit seinem CAPPRICCIO und 120er OS. Er hatte zusammen mit Heinz Kronlachner (Enya 120) wohl den meisten Dampf aller 4-Takter, wie allgemein gesagt wurde. Ich konnte Jan van Beek und Jan van Vliet mit Saito nicht beobachten, aber deren Modelle sind auch etwas größer und schwerer.
Bekanntlich können die 120er-4-Takter heute mit den guten 60er-2-Taktern mithalten. Nur ist das Leistungsgewicht natürlich ungünstiger. Den richtigen Flugstil für das Wendefigurenprogramm ermöglichen sie bestimmt. Emil Giezendanner verbesserte sich gegenüber der WM 1983 um 10 Plätze, und Heinz Kronlachner hat mit dem 17. Platz bei seiner ersten WM hervorragend abgeschnitten. Er konnte Hermann Kowarz (26) hinter sich lassen. Hermann hatte im zweiten Durchgang mit einem Motorabsteller Pech.
Vielleicht hätte die Mannschaftsführung ihn früher vor dem von hinten anfliegenden Ultra-Leicht-Flugzeug „warnen“ sollen, zumindest aber, als sein Motor anfing zu „kotzen“.
Er hätte sicherlich einen Wiederholungsflug bekommen. Eine neue Chance nutzte der Japaner Hajiime Hatta im zweiten Durchgang am Abend. Der Grund: Nach Anlassen und Einregulieren des Motors innerhalb der durch Markierungsband gekennzeichneten Box wollte der Helfer etwas überhastet mit dem Modell zum Phonmeßgerät laufen, blieb am Markierungsband mit dem Fuß hängen, stolperte und steckte das Modell mit dem Leitwerk in die Erde.
Das Ergebnis kann sich jeder ausrechnen. Aber mit dem Ersatzmodell flog er am Abend bei Superbedingungen eine hohe Wertung. Es wurden auch geflogene Wertungen gestrichen. Wessen Modell bei der ersten Messung am Boden mehr als 105 dBA Geräusch machte, mußte nach dem Flug das Modell auf den „Bock“ stellen, und dort waren 101 dBA erlaubt.
Bei Überschreiten wurde die vorher geflogene Wertung gestrichen. Es hat sehr erregte Diskussionen zwischen dem irischen Team-Manager und dem Meßteam bei dieser Gelegenheit gegeben. Die Iren hätten sich besser zurückhalten sollen.
Die holländischen Freunde waren immer sehr kooperativ und freundlich. Werner Schweikers Modell mußte nach dem dritten Durchgang auf den Bock, weil es bei der ersten Messung mit 97 dBA zu leise war.
Das Resonanzrohr war so abgestimmt, daß die Gemischverstellung für den Flug am Boden einen zu fett laufenden Motor ergab. Auf dem Bock brachte der Motor dann in Stellung mager 100 dBA. Nur hätte Werner mit dieser Einstellung nicht fliegen können. Die Geräuschmessung am Boden wird 1987 auf der WM möglicherweise durcheine subjektive Geräuschbewertung der Punktwerter ersetzt. Leise = + 5 Pkt., Normal = 0 Pkt., Laut = — 5 Pkt.
Auf den Eindruck in der Luft kommt es also zukünftig an. Wir haben in Deutschland in diesem Punkt bereits Erfahrungen. Hoffentlich kann man die Viertakter dann richtig einordnen. Die ersten beiden Durchgänge gewann Hanno Prettner mit je 1 000 Pkt. Wir lagen mit dem 3., 5. und 6. Platz prima im Rennen, und dieses Bild sollte sich nach dem dritten Durchgang auch nicht geändert haben.
Der zweite Flug auf Piste B wurde allerdings durch Wolfgang Matt gewonnen und damit die Entscheidung der WM etwas offen gehalten. Werner Schweiker trauerte seinem „Superflug“ auf Piste A hinterher, für den er magere 366 Punkte bekommen hatte. Wir waren aber sicher, daß er diese Wertung als einer der letzten Starter am dritten Tag vor dem Fly-Off würde verbessern können.
Bertram Lossen war der Meinung, daß er mit seinen ersten beiden Flügen nicht Normalform gezeigt hatte. Gleichzeitig stellte er sich aber auch die Frage, ob sein Konzept und das der deutschen Piloten richtig sei. Mit kleineren und schnelleren Modellen ist es sicherlich einfacher zu fliegen, und wir alle befürchteten, daß die Japaner, zumal Naruke im dritten Durchgang Bertrams Wertung übertreffen konnte, mit ihrem Flugstil noch besser abschneiden könnten.
Ein holländischer Fan fragte den italienischen Mannschaftsführer, ob er ein Foto von der Mannschaft machen dürfe. Natürlich; Henny van Loon (Wettbewerbsdirektor) sprang hinzu, um zu helfen. Er hob eines der Modelle auf: „Kracks“. Das Geräusch war unmißverständlich. Die italienischen Gesichter wurden lang, man bewahrte aber Haltung. Passiert war aber nichts. Ein anderer Holländer hatte hinter dem Rücken von Henny einen trockenen Ast zerbrochen.
Hugo Peyer (Schweiz) wiederholte im dritten Durchgang sein Pech aus dem ersten. Während der Außenloopings riß ein Steuerseil für das Seitenruder, und ohne Seitenruder sind, wie jeder weiß, einige Figuren kaum zu fliegen. Das „Projekt“, wie das gemeinsam mit seinem Bruder entwickelte und gebaute Modell in Pilotenkreisen genannt wird, ist wohl das am aufwendigsten gebaute Modell. Die Steckflächen aus GfK erhalten bereits in der Form das Finish. In Oberflächengüte und Finish haben sie sicherlich die vielgerühmten Japaner übertroffen.
Auch die Aerodynamik muß hervorragend sein, denn die Modelle fliegen für ihre Größe und mit starrem Fahrwerk eine erstaunlich hohe Geschwindigkeit. Noldi Peyer hat sich mit dem 15. Platz in der Endabrechnung seine Hoffnungen erfüllt. Ich kann mir allerdings vorstellen, daß er Ken Binks aus England noch ganz gern geschlagen hätte. Als im dritten Wertungsflug der Spanier Edgardo Catalano sein Modell landete, schoß das Auto des Wettbewerbsdirektors Henny van Loon quer über den Platz, hielt neben dem Modell, Henny sprang aus dem Auto mit einem Stethoskop in der Hand und stürzte sich auf das Modell.
Er verlangte absolute Ruhe der Umstehenden und horchte mittels Stethoskop das Modell ab. Nach kurzer Zeit gab er das Modell frei und fuhr wieder ab. Emil Giezendanner deutete dies so: „Jetzt hat die Chirurgie Einzug beim Modellflug gehalten. Es kann nichts mehr schiefgehen. Ich glaube, er hat gesagt, es wird ein Junge.“ Natürlich hat Henny van Loon nach versteckten Kreiselsteuerungen gesucht. Dies hat er auch noch bei Dave Brown, Günter Hoppe und anderen gemacht. Gefunden hat er nichts.
Der dritte Wettbewerbstag brachte morgens Nebel und damit Startverzögerung bis 10.20 Uhr. Hanno Prettner war Nr. 1 auf Piste B. Erst gegen Mittag wurde die Sicht besser. Die Piloten, die an diesem Morgen zu fliegen hatten, waren sicherlich im Nachteil. Günter Hoppe flog 385 Pkt. und war damit dem Fly-Off sehr nahe. Werner verbesserte die 385 Pkt. aus dem ersten Durchgang auf 391 Pkt. und hatte damit zwei gute Wertungen. Es herrschte Seitenwind aus Südost, eine Windrichtung, die am Flevohof gar nicht vorkommen darf.
Der Wind machte den Piloten mehr zu schaffen, als am Boden zu erkennen war. Trotzdem wurden allgemein gute Wertungen an diesem Tag erzielt. Bertram machte bei den für ihn bisher schlechtesten Bedingungen am Nachmittag seinen besten Flug. Ein bißchen Streß braucht der Mensch. Der Seitenwind hat ihm offenbar gut gefallen. Er ließ Naruke damit deutlich auf den 4. Platz zurückfallen. Günter Hoppe verbesserte die 370 Pkt. aus dem 2. Flug auf 382 Pkt. und war damit sicher im Finale. Abends haben wir dann gerechnet.
Danach ergaben sich bereits vor Abschluss der letzten 28 Flüge, die aufgrund der Nebelverschiebung am ursprünglich freien Freitagvormittag noch geflogen werden mußten, folgende Finalteilnehmer:
1. Hanno Prettner Öst.
2. Wolfgang Matt Liecht.
3. Bertram Lossen FRG
4. Giichi Naruke Jap
5. Ivan Kristensen Can
6. Werner Schweiker FRG
7. Günter Hoppe FRG
8. Dave Brown USA
Werner Schweiker konnte mit seinem 4. Flug Ivan Kristensen und sogar Naruke noch überholen, Bill Cunningham mit einer guten Wertung um die 380 Pkt. Dave Brown aus dem Finale werfen. In jedem Fall war nur ein Amerikaner als 8. im Fly-Off. Die Mannschaftswertung hatte die deutsche Mannschaft bereits gewonnen. Der 2. und 3. Platz standen erst am Freitag Mittag mit Japan und USA fest. Auch am Freitag herrschte morgens Nebel. Die gute Startnummer des 4.Durchgangs wurde damit für Werner Schweiker zum Nebelflug.
Kurz nach dem Start war Werners Modell verschwunden. Nach einigen endlosen Sekunden „Blindflug“ kam das Modell tatsächlich aus dem Nebel zurück. Werner mußte auf sehr engem Raum sein Programm fliegen. Wir hofften natürlich, daß gerade deswegen eine gute Wertung herauskommen würde und protestierten nicht. Er konnte zwar seine niedrige Wertung um 8 Pkt. verbessern, Ivan Kristensen damit aber nicht überholen, sondern nur gleichziehen. Beide hatten 2 800 Pkt. Auch Bill Cunningham konnte Dave Brown nicht verdrängen. Es blieb bei den Finalteilnehmern, die wir vorher errechnet hatten.
Fly-Off:
Am Nachmittag hatte der stramme Nord-Nordwestwind den Nebel weggeblasen. Der Wind blies damit genau 90 Grad zur Flugrichtung der Modelle.
Jeder Pilot konnte seine Schokoladenseite, sofern diese Spitzenpiloten eine solche überhaupt haben, wählen. Wir froren. Einige Zuschauer und einige der zum Zuschauen verdammten Teilnehmer saßen bereits in Wolldecken gehüllt auf ihren Klappstühlen.
Jeder Finalteilnehmer fliegt zwei Durchgänge. Pro Durchgang wird der jeweils beste Flug aller Piloten auf 2 000 Pkt. gesetzt und die übrigen Wertungen entsprechend umgerechnet. Das Ergebnis aus der Hauptrunde wird mitgenommen. Das Endergebnis der Finalteilnehmer besteht damit zu 3/5 aus Haupt-und 2/5 aus Finalrunde. Giichi Naruke begann und hatte mit seinem schnellen Modell bei dem starken Seitenwind (ins Gesicht) sicher die besten Karten. Er bemühte sich, kleiner als in den vorherigen Durchgängen zu fliegen, um den Windversatz zu mindern. Es gelang ihm nicht ganz. Er war sicherlich froh, mit der Windkorrekturfigur wieder Raum gewinnen zu können. Auch wenn ich glaube, daß sein Flugstil nicht gut zu dem Wendefigurenprogramm passt, so musste ich bewundern, wie exakt, schnell und leise das japanische Modell geflogen wurde.
Günter Hoppe flog enger als sonst, korrigierte in jeder Figur den Windversatz aus und machte einen sehr gleichmäßigen Flug. Mit Absicht wurden die langen Rollen deshalb kürzer und schneller. Das Fenster wurde hervorragend eingehalten. Der Flug hatte Linie. Wir waren sehr zufrieden. Hanno Prettner ging es „groß“ an. Dies war vielleicht ein taktischer Fehler. Aber kleiner geflogen, wirkt sein Modell sicherlich auch viel zu schnell. Sein leichtes Modell wurde mehr versetzt, als ihm lieb war. Er mußte alle Mittelfiguren sehr deutlich sichtbar schräg fliegen, um das Fenster einigermaßen einzuhalten. Er bekam die zweitbeste Wertung der ersten Runde. Wolfgang Matt hielt das Modell bewundernswert auf der Linie. Man sah keine Hektik oder starkes Gegenhalten. Man sah vom Seitenwind während seines Fluges nur wenig. Er erhielt auch die beste Wertung aller Finalflüge: bravo, Wolfgang.
Beim Start hatte er mehr Glück als nach ihm Bertram Lossen. Beim Anrollen blieb Bertrams Modell auf der unebene Piste hängen. Bei Modellen mit Zweibeinfahrwerk ist Bodenberührung des Propellers das unausbleibliche Ergebnis, wie jeder weiß. Der Propeller war ganz. Erneutes Anlassen; wieder Bodenberührung. Anlassen, jetzt wurde natürlich die Zeit auch noch knapp. Der dritte Versuch gelang, der Flug aber nicht. Es wurde von uns nicht darüber diskutiert. Der zweite Durchgang mußte passen. Dave Brown ist nicht mehr der von Mexiko oder Florida. Man ist im ersten Augenblick noch versucht, ihm den „Mut“ zum Viertakter gutzuschreiben. Aber Mut gehört jetzt bestimmt nicht mehr dazu. Ein Leistungsgefälle ist nicht vorhanden. Es besteht vielleicht noch ein geringfügig höheres Risiko des Motorabsteller. Aber bei 22 Flügen der Viertakter hat es nur einen Absteller gegeben. Die Wendefiguren wurden von Dave stark vernachlässigt. Das Steigvermögen seines Modells nutzte er überhaupt nicht aus. Der ganze Flug wirkt nicht elegant, sondern eher „hingehauen“. Man vermisst ein bisschen „die Freude am Fliegen“. Damit ich nicht missverstanden werde, ich sehe dies im Vergleich zu den anderen Spitzenpiloten. Er hatte aber wohl keine Chance, seinen sicherlich berechtigten 8. Platz zu verbessern. Dies lag aber nicht am Viertakter. Werner Schweiker nutzte seine Chance, Ivan Kristensen zu überholen. Es lief so gut, daß Werner mir beim doppelten Immelmann sagte: „Soll ich den zweiten Durchgang gleich anschließen?“ Er war völlig gelöst, und man merkte, daß es ihm trotz der Scheissbedingungen noch Spaß machte. Für „unsere Brille“ war dies der zweitbeste Flug. Wir waren sehr optimistisch, daß Ivan Kristensen diese Leistung nicht würde halten können. Ivan Kristensen war für uns eigentlich der unauffälligste Finalteilnehmer. Seine Eigenkonstruktion SUMMIT entspricht in den Abmessungen den alten F3A-Modellen. Sein Motor ist ein 60er Yamada YS FR Zweitakter mit 12 x 9- Holzpropeller aus Japan. Beste Voraussetzungen also für großräumiges und schnelles Fliegen. Der große Propeller setzt allerdings bei der Geschwindigkeit die Grenze. 10 500 U/min am Boden habe ich ablesen können. Damit liegt er in der Geschwindigkeit wohl zwischen den Japanern und den deutschen Piloten. Er liebt es auch schön „groß“. Am Ende hatte Ivan die Nase um einen Punkt bei 4731 Gesamtpunkten vor Werner Schweiker. Im zweiten Durchgang flogen Wolfgang Matt und Hanno Prettner die gleiche Wertung, und Bertram konnte seinen verunglückten Flug mit einer besonders guten Leistung vergessen machen. 393 Pkt. im Vergleich zu 397 Pkt. der ersten beiden Piloten ist sicherlich der denkbar geringste Abstand. Bertram zeigte hier, daß er mit einem großen und relativ langsamen Modell bei schwierigsten Windverhältnissen Spitzenflüge zeigen kann. Man muß noch wissen, daß er zugunsten eines niedrigen Geräuschpegels auf Leistung verzichtet. Sein Modell gehört zu den ganz leisen Modellen. Da kann man schon nach dem Sinn eines sehr viel teureren Viertakters fragen. Sein Motor ist ein Prototyp von OS.
Text: Ernst Peter Kattelmann, Gerard Werion