1988 fand die F3A Euopameisterschaft in Nörrköping / Schweden statt. Deutschland war gleich mit 4 Mann am Start. Das kam daher, dass Bertram Lossen als Titelverteidiger automatisch qualifiziert war und er auf die Teilnahme der Teamwertung verzichtete. Durch dies erhielt Peter Erang eine Chance an den Start zu gehen.
Hier die Reportage von Peter Wessels. Der Bericht ist aus Sicht der deutschen Teams geschrieben.

25. – 31. Juli 1988. Nörrköping. Schweden: die vierte Europameisterschaft in der Kunstflugklasse F3A. Am Start waren 42 Piloten, um den Titel des Europameisters in der Einzel- sowie Mannschaftswertung zu streiten. Leider waren erneut keine Teilnehmer aus den osteuropäischen Ländern dabei.
Dadurch, daß Bertram Lossen 1986 den Europameistertitel errang, konnten wir diesmal vier Piloten an den Start schicken. Bertram stellte freundlicherweise seinen Platz in der Mannschaft zur Verfügung und startete somit nur in der Einzelwertung. Dadurch ermöglichte er es dem Viertplazierten in der 13-Kader-Saison 87/88, Peter Erang, in unser Team aufzurücken. Zusammen mit Tobias Schulz und mir hatten wir drei die Aufgabe, den Mannschaftstitel erneut nach Deutschland zu holen.

Am 22. Juli trafen wir uns um 6 Uhr morgens in Travemünde. Einer sechsstündigen Überfahrt nach Trelleborg folgte eine ebenso lange Autofahrt nach Nörrköping. Der starke Regen ließ nicht auf ein allzu gutes Wettbewerbswetter hoffen.
Auch der erste Morgen in unserem Hotel brachte Unerfreuliches. Man hatte versucht, mein Auto aufzubrechen. Glücklicherweise wurde nichts entwendet. Von da an hatten wir abends die Wagen immer ausgeräumt und bereuten es nicht. In der nächsten Nacht wurden alle Autos der Österreicher aufgebrochen. Dem Belgier Sardini wurden teure Asano Propeller und Glühkerzen gestohlen.

Hier waren anscheinend sachkundige Diebe am Werk, die einen Abnehmerkreis haben mußten. Am Samstag und Sonntag wurde ausgiebig trainiert. Wie so oft auf bedeutenden Wettbewerben, traten plötzlich technische Probleme auf: Das Fahrwerk bei Bertram, das Resorohr bei Tobias, der Motor bei mir. Am Sonntag erwischte es Peter Erang. Sein Motor. Bis dahin noch tadellos gelaufen, stellte plötzlich kurz vor der letzten Figur ab. Zwar wußten wir, daß die Motoren in Schweden etwas mehr Sprit verbrauchen. Aber der Durst von Peters Motor brachte uns für sieben Stunden unlösbare Rätsel. Zunächst stellten wir fest, daß in einen 400 ccm Kavan-Tank dieselbe Menge Sprit hinein paßt wie in einen mit 300 ccm desselben Herstellers. Doch hier lag nicht die Ursache der Schwierigkeiten, auch nicht im Kugellager des vorderen Kurbelwellengehäuses, das wir als nächstes gewechselt haben.

Eine Überraschung stellte die Nachricht dar, daß H. Prettner erneut nicht an einer EM teilnehmen würde. Über die Gründe seines Fernbleibens waren mehrere Versionen zu hören. Seinen Platz in der Mannschaft nahm F. Höller ein, der seinen internationalen Einsatz auf dieser EM mit Bravour bestritt. Nach dem Nichterscheinen von H. Prettner deutete alles auf einen Zweikampf von B. Lossen und W. Matt hin. Für die weiteren Plätze kamen viele Piloten in Betracht: Der Engländer Binks, der Belgier Degotte und der Österreicher Kronlachner waren immer für vordere Positionen gut. Man mußte aber auch damit rechnen, daß ein bis dahin relativ unbekannter Pilot plötzlich vorn mitmischt – ein Beispiel lieferte auf der letzten WM der Außenseiter Chip Hide auf dem erstaunlichen sechsten Platz. Und nicht zu vergessen, Peter Erang. Tobias Schulz und ich machten uns auch berechtigte Hoffnungen, in der Spitzengruppe mit dabei zu sein.

Da Peter und ich so kurz hintereinander fliegen mußten, konnte ich ihn nicht als Helfer nehmen, eine Funktion, in der wir seit zwei Jahren ein eingespieltes Team sind; Bertram übernahm diese Funktion und erfüllte sie sehr gut, eine gewisse Umstellung bedeutete es für mich dennoch. Bertram und Tobias erwischten sehr gute Startnummern und flogen in einer fliegerisch gesehen besseren Gruppe (mit W. Matt. K. Binks, A. Degotte) als Peter Erang und ich.
Wie bei den EM’s und WM’s fast üblich, erfolgte am Vorabend des Wettbewerbes bezüglich der 150 m eine neue Regelung: Das Programm sollte in einer Entfernung von 150-175 m geflogen werden. Doch wie auch schon auf der letzten WM wurde der Flugsektor nicht überwacht. Es stellt sich natürlich die Frage, warum man das Fenster, in dem das Kunstflugprogramm absolviert werden muß, aufstellt und markiert, dessen Einhaltung aber nicht kontrolliert, wo gerade hierbei deutliche Leistungsunterschiede unter den einzelnen Piloten zutage treten. Die einzelnen Flüge zu beschreiben, würde den Rahmen dieses Berichts sprengen. Dennoch soll auf einige Besonderheiten hingewiesen werden.
Zunächst stellen die von uns erflogenen Plätze 2-5 für die deutsche Mannschaft sicherlich einen sensationellen Erfolg dar. Zudem harmonierte unser Team und die Stimmung war sehr gut.

Die EM 1988 muß auch als der Wettbewerb für P. Erang angesehen werden, der durch seinen dritten Platz seine Fähigkeiten unterstrichen hat. Auffallend war die Tatsache. daß sowohl Tobias als auch ich in keinem Durchgang die Chance hatten, Peter zu schlagen. Schon mit dem zweiten Durchgang stand für mich fest, daß mehr als ein vierter Platz nicht zu erreichen war. Auch verspürte ich keinen Druck von den hinter mir platzierten Piloten, da die Punktabstände zu groß waren. Tobias kämpfte mit dem Schweden A. Johannson, dem Österreicher H. Kronlachner und dem Norweger N. Bossum um Platz 5-8. Dieses verwundert um so mehr, als Peter, Tobias und ich leistungsmäßig sicherlich dieselben fliegerischen Qualitäten zeigten. Für mich war also bereits nach der zweiten Runde diese EM gelaufen und die erforderliche Motivation nicht mehr da. Eine meiner Stärken – das Fliegen unter Druck – konnte ich nicht ausspielen. Tobias hat seinen fünften Platz erst im letzten Finaldurchgang erreichen können, obwohl seine Leistungen sicherlich besser waren. Unerwartetes spielte sich auch unter den ersten Drei ab: Keiner hätte geglaubt, daß Peter Erang zweimal W. Matt und Bertram Lossen schlagen würde.

Für Peter ist der dritte Platz ein Riesenerfolg; darüber konnte ich mich auch auf meinem undankbaren vierten Platz freuen. Alle vier deutsche Piloten unter den ersten Fünf ist eine Leistung, die durch die starke Konkurrenz nur unterstrichen wird. Eine Regeländerung erfolgte für die Ermittlung der Final-Teilnehmer. Nach der neuen Regel bestreiten die besten 20 % der Teilnehmer das Finale.
Diese werden wie folgt ermittelt: In der Vorrunde werden 4 Flüge absolviert, von welchen die besten drei gewertet werden. Diese drei in Promille umgerechneten Flüge werden addiert und durch drei geteilt, so daß sich eine Promillewertung ergibt. Diese eine Wertung wird mit in das Finale genommen. Dort werden nun anstatt sonst üblich zwei, drei Durchgänge an einem Tag geflogen. Diese drei Durchgänge machen zusammen mit der Wertung aus der Vorrunde wieder vier Flüge aus, von denen erneut die besten drei gewertet werden. Theoretisch besteht somit die Möglichkeit. sogar die Wertung aus der Vorrunde zu streichen.
Sinn und Zweck dieser neuen Regelung soll sein, der Vorrunde ein nicht mehr so hohes Gewicht beizulegen und dafür die Bedeutung der Finalflüge aufzuwerten. Das Finale soll somit praktisch ein neuer Wettkampf sein. Wie bereits auf der letzten WM gesehen, ändert sich die Reihenfolge auch durch die drei Finalflüge nicht mehr.
Technische Neuerungen waren auf dieser EM nicht zu sehen, was nicht bedeuten soll, daß ein Stillstand in der Klasse F3A eingetreten ist. Die Optimierungen beschränken sich nur noch auf Detailarbeiten. Auffallend war sicherlich, wie auch schon auf der letzten WM, der Einsatz der Asano Propeller, die in allen erdenklichen Größen zu sehen waren. Diese Luftschrauben sind nun in Viertel-Zoll-Abständen bezüglich Durchmesser und Steigung zu haben. Viele Teilnehmer setzten auch die von W. Smusch hergestellten „Dyna-Prop“-Luftschrauben ein (z. B. P. Erang. T. Schulz); es handelt sich um exakte Kopien der Asano-Propeller mit gleichen Qualitäten bei wesentlich niedrigerem Preis.
Die von uns mitgebrachten Modelle stellten in Verarbeitung, Optik und Flugeigenschaften Spitzenkonstruktionen dar; zusammen mit dem Saphir von W. Matt gehören sie wohl auch zu jenen, die sich dank einer in allen 1k-reichen konstanten Fluggeschwindigkeit optimal für das neue Wendefigurenprogramm eignen. Mit Ausnahme des Modells von T. Schulz erhielten wir alle für unsere Flugzeuge den Lärmbonus. Zusammen mit dem Schweden A. Johannson konnte ich die beste Lärmmessung verbuchen: In drei Metern Entfernung wurden für den Schweden 86 dBA, für meinen OS LS dann 87 dBA ermittelt. Zu den Lärmdämmungsmaßnahmen gehört heute schon der fast obligatorische Einsatz der Schwingelemente; Mannschaften wie z. B. Italien, die die Motoren fest montiert hatten, gingen auch ohne Bonuspunkte aus. Neue Tendenz bei den Resonanzrohren: Fast alle Spitzenpiloten, die Zweitakter fliegen, verwenden das OS/Hattori Rohr bzw. dessen GfK-Mischbau von Hafu in Fulda, wobei letzteres den Vorteil hat, mit nur 65 g um mehr als die Hälfte leichter als das Original zu sein.
Hinsichtlich der eingesetzten Motoren verstärkte sich der Trend zu Langhuber, führend waren hier die Produkte OS und Webra. W. Matt vertraute diesmal nicht mehr auf den bewährten Webra LS, sondern setzte einen Yamada-Motor ein, der einen 12 x 11 Propeller antrieb. Er verzichtete sogar auf eine Nadelverstellung. Auffallend ist sicherlich, daß die Propeller sowohl vom Durchmesser als auch von der Steigung immer größer werden. Den von mir noch eingesetzten 10 x 10 Propeller kann man heute als wohl den kleinsten Propeller ansehen; Größen wie 12 x 11,5; 12 x 11; 11,75 x 11,75; 11,75 x 10,5 waren vorherrschend.
Viele Teilnehmer vertrauten auch 20 ccm Viertaktmotoren, führend war hier der Surpass von OS. Daß heute aber die eingesetzten 10-er LS Motoren teilweise leiser sind als die Viertakter, bemerkten auf dieser EM auch die Punktwerter.

Erhielten auf der WM noch alle Viertakter einen Lärmbonus, so war dies heute nicht der Fall. Den meisten Dampf hatte wohl H. Krohnlachner in seinem Star-Fly zur Verfügung und der Enya 120 RC in Verbindung mit einem 6,5 Resorohr gehörte sicherlich zu den leisesten Modellen. Allerdings kann ich mich bei den eingesetzten Viertaktern des Eindrucks nicht verwehren, daß die Modelle für das Programm zu schnell sind und nur so durch das Programm rasen. Gibt man Vollgas (Propeller 13 x 12, 14 x 11), so machen diese Modelle in der Luft einen richtigen Satz nach vorne. Um einen ausgeglichenen Flugstil zu erreichen, muß feinfühlig mit dem Gasknüppel gearbeitet werden.
Bezüglich der Fernsteuerungen zeichnet sich ein klarer Trend zur Computeranlage ab. Führend war hier sicherlich die MC-18 der Firma Graupner. Teilweise waren auch die Robbe CM Rex und die Futaba RCM 1024 anzutreffen.

Solche Anlagen können natürlich das fliegerische Können nicht verbessern. sie machen jedoch die Einstell- und Trimmarbeiten an Modellen wesentlich einfacher.
Mit den vorhandenen asymmetrischen Mischern können sogar Abweichungen des Modells in der Messerfluglage korrigiert werden; beim Messerflug mit Gegendrehung kann es sicherlich von Vorteil sein.
Rückblickend auf die Europameisterschaft steht für das deutsche Team natürlich die Freude über den großartigen Erfolg im Vordergrund; für die Mannschaft, die den Titel zum vierten Male in Folge gewinnen konnte, wobei ich zum Team auch Bertram Lossen zähle. Und ein großer Erfolg insbesondere für Peter Erang, der hervorragend flog und dazu auch das nötige Quentchen Glück besaß. Daß aber im Rückblick auch Kritisches nicht ausbleibt, liegt vor allem an der mit 400,— DM sehr bescheidenen Unterstützung der deutschen Teilnehmer vom DAeC in Frankfurt; ein Betrag, der nicht einmal für die Startgebühr ausreichte. Die Kosten für den einzelnen beliefen sich auf einige tausend Mark und wenn wir dann seitens der Funktionäre zu hören bekamen, „niemand hätte uns zur Teilnahme gezwungen“, so hat es die Probleme gewiß nicht gemindert. Unser Mannschaftsführer, der sich über die Höhe der Unterstützung recht kritisch äußerte, sah sich dem Versuch ausgesetzt, ihn seines Amtes zu entheben. Auch die Tatsache, daß Peter Erang seine Startberechtigung verfallen sollte, weil er einen DMFV-Aufkleber auf der Heckscheibe seines Autos hatte, konnte kaum Verständnis finden.

Die Mannschaft hatte sehr hohe Kosten auf sich genommen, selbst Kleinigkeiten wie Bundesadler, die DAeC-Krawatten und Aufnäher mußten von uns selbst bezahlt werden. Angesichts der Leistungen, die die F3A-Spitze seit Jahren auf internationaler Ebene zeigt, wäre eine großzügige Unterstützung, wie sie z. B. die belgischen oder holländischen Teilnehmer von ihren Verbänden bekommen. angemessen.



Die Mannschaft hatte sehr hohe Kosten auf sich genommen, selbst Kleinigkeiten wie Bundesadler, sicherlich kein Luxus gewesen wäre: Die Teilnehmer erhielten weder Urkunden noch Ergebnislisten, ab Platz vier gab es nur einen Händedruck; nicht viel bei einer von jedem zu entrichtenden Startgebühr von 600.- DM.

Doch wir müssen uns auch für die Hilfe bedanken, die wir von der Stadt Esslingen und der Firma Graupner bekamen. Esslingen, die Partnerstadt von Nörrköping, stellte uns einen Mannschaftsbus für die Fahrt nach Schweden zur Verfügung. Und die Firma Graupner, die seit Jahren als einzige das F3A-Team unterstützt, spendete einen Geldbetrag, der nicht an den Einsatz der Firmenprodukte gebunden war; so konnte auch Peter Erang davon profitieren, obwohl weder seine RC-Ausrüstung noch sein Motor aus dem Hause Graupner stammen.

Nach der erfolgreichen Europameisterschaft ist für uns der nächste Höhepunkt die Weltmeisterschaft 1989 in den USA, für die sich Bertram Lossen, Tobias Schulz und ich qualifiziert haben.
Und davor steht noch das TOC in Las Vegas in diesem Herbst, zu dem ich mit B. Lossen und G. Hoppe hinfahre und das noch erheblich Zeit für Bau und Training in Anspruch nimmt.

Ergebnisliste
Text: Peter Wessels c/o FMT
Fotos: Classicpattern