Report. LAS VEGAS, Nevada, 10. bis 13. November 1988: Die neunte Auflage des International Tournament of Champions fand unter der wohlwollenden Schirmherrschaft von Circus Circus Chef Bill Bennett auf dem RC Model Airfield im North Las Vegas Regional Park statt.
Das Tournament of Champions ist jener Spitzenwettbewerb, an dem die 20 besten Motor-Kunstflugpiloten der Welt teilnehmen. 10 US-Amerikaner und 10 Piloten vom „Rest der Welt“ werden, ausgehend von Wettbewerbs- und Weltmeisterschaftsplazierungen, zur Teilnahme eingeladen, wobei aber der Sponsor dieses TOC — das Circus Circus Hotel in Las Vegas — das Recht hat, ebenfalls 5 Piloten zu setzen.
Bisher wurde dieses TOC im 2-Jahres-Rhythmus abgehalten, aber infolge von organisatorischen Schwierigkeiten legte man seit dem 8. TOC eine 4- jährige Pause ein.

Bei diesem letzten TOC hat die Jury in einer nicht unumstrittenen Entscheidung die Skybold-Doppeldecker des bis dahin 7-fachen TOC-Champions Hanno Prettner nicht zugelassen. Dieses Jahr war er wieder dabei und gewann. Er berichtet exklusiv für FMT:
6 % Punktebonus für Doppeldecker. Diese Regel sollte uns in der Folge noch viel Kopfzerbrechen bereiten. Nachdem ich mich entschlossen hatte, am diesjährigen TOC teilzunehmen, wurde in Akkordarbeit gemeinsam mit meinem Vater je ein Prototyp eines Bücker Jungmann, Falcon Biplane, Skybolt und EZ Laser 200 gebaut.
Im Sommer begann ich mit meinem privaten Vergleichsfliegen: Biplanes gegen Monoplanes. Der 6 % Punktebonus und meine altbewährte Triebwerkseinheit (2 x Super Tigre S 90k auf einem selbstgebauten 2:1-Untersetzungsgetriebe montiert), die für einen Doppeldecker mit 9,8 kg Fluggewicht ausreichenden Dampf lieferte, ließen uns wieder auf Biplane setzen.
So mussten wir uns voll auf den Skybolt konzentrieren. Mit Hochdruck ging es an das Trainieren der verschiedenen Programme. Zu fliegen ist im TOC-Wettkampf je 2 x die „Pflicht“, dann die „unbekannte Pflicht“, für die das Programm erst am Vorabend mitgeteilt wird.

Weiter die selbst auszuwählende Kür und das 3-Minuten-Freistilprogramm. Das macht also 8 Flüge für die Qualifikation und für die 5 Besten nochmals 8 Flüge im Finale, wo wieder bei 0 Punkten begonnen wird, also nicht nur eine Zerreißprobe für die Nerven. sondern auch fair die Technik.

Das Kürprogramm, das man selbst zusammenstellen darf, kann man aus ca. 15 000 Flugfigurenkombinationen auswählen und für das unbekannte Pflichtprogramm, das jeder Teilnehmer ohne Training zu fliegen hat, bleiben immerhin noch ca. 2 500 Figurenkombinationen übrig.

Also eine ganze Menge an extrem harter Trainingsarbeit, die von einem eingefordert wird, wenn man vorne mitmischen will: Allein beim Rollenkreis gibt es 24 verschiedene Flugmöglichkeiten!


Anfang November waren wir abreisebereit. Zwei Skybolt und ein EZ-Laser 200 in fünf riesigen Kisten verpackt, dazu eine Menge Ersatzteile, brachten ein Gewicht von rd. 200 kg.
Besten Dank an dieser Stelle für den hervorragenden Service der Lufthansa, die unsere heikle Fracht kostengünstig und unbeschädigt nach Los Angeles gebracht hatte.

In Las Vegas angekommen, haben wir unser Hotelzimmer kurzerhand in eine Werkstätte umfunktioniert.
Da es verboten ist, Modellsprit an Bord eines Verkehrsjets mitzunehmen, habe ich lediglich das Öl mitgebracht, das Methanol und Nitromethan wurde vorab in den USA bestellt.

Leider entsprach die Qualität nicht dem Standard, den ich zu Hause gewohnt bin; zwar liefen die Motoren einwandfrei, doch der Kerzenverschleiß war hoch, was sich im Finale noch unangenehm auswirken sollte.

Las Vegas liegt inmitten der Wüste von Nevada und wird von zahllosen Salzseen umgeben. Deshalb merkten wir auch nichts von Trainingsaktivitäten, jeder hatte „seinen“ Salzsee. Der unsere war 5 km lang und 3 km breit, zudem vollkommen glatt.

Ob es jemand schafft, die Piste nicht zu treffen? Einen Nachteil hat ein solch ideales Fluggelände trotzdem: Es ist die Unmenge von Staub und Sand, die bei Wind in einer Höhe bis zu 10 m über dem trockenen See weht.

Mit der technischen Kontrolle und Vermessung der Modelle begann eigentlich schon der Wettbewerb. Alle geforderten Maße mußten innerhalb einer 10 % Toleranz liegen, und diesmal wurde alles zugelassen.

2 Punktrichtergruppen zu je 5 Mann, zusammengesetzt aus Großflug- und Modellflugpunkterichtern, bewerteten die Qualifikationsdurchgänge.

Von Anfang an konnte ich gleich die höchste Wertung erzielen, und ich behielt diese Spitzenposition während der gesamten Wettkampfdauer.

Um den Einzug ins Finale gab es ständig wechselnde Positionen, und etliche Piloten zeigten Nerven. So auch der junge Amerikaner Chip Hyde. der das erste Mal beim TOC dabei war.

Mit Fortdauer des Bewerbes legte er aber seine Nervosität ab und erreichte als 4. das Finale.

Den undankbaren 6. Platz belegte der Zweitplatzierte von 1984, Steve Stricker/USA, der ebenfalls einen Ultimate (selbstkonstruiert) flog.

Bertram Lossen/BRD beendete das TOC auf Rang 9; es ist eben doch schwierig, sich vom F3A-auf das TOC-Programm umzustellen, speziell die Rollenkreise sind enorm trainingsintensiv.

Auf Rang 10 dann der beste Monoplane-Pilot Ivan Kristensen aus Kanada mit einem Laser 200. Somit stand die Rangfolge – bis auf die ersten fünf Plätze – fest.

Die fünf Finalisten hießen: Prettner (73 021,28 P.), Rojecki (69 854,53 P.), Matt (69 767.08 P.). Hyde (69 719,38 P.), Frackowiak (68 870,32 P.).

Das traditionelle Festbankett am Samstagabend war wieder der gesellschaftliche Höhepunkt. Bill Bennett hielt die Festrede, doch meine Gedanken waren schon beim Finale: Am Abend hatten
die fünf Finalisten die beiden unbekannten Pflichtprogramme erhalten und nun hieß es, die schwierigsten Figurenkombinationen auswendig zu lernen.

Einen wesentlichen Anteil am Erfolg hat hier der Helfer. Sonntag war der Big Day.

Mußte ich am 3. Qualifikationstag zweimal mit Startnummer 1 beginnen, so hatte ich bei der Finalauslosung mehr Glück: ich konnte als Fünfter beginnen, danach wurden die Nummern wieder getauscht.

Meine Taktik fürs Finale war, gleich von Anfang an zu versuchen, Höchstwertung zu erzielen.

Dies ist mir auch gelungen. Nach der ersten Finalhälfte (je 1 Pflicht-, Kür-, unbekanntes Pflicht- und das 3-Minutenprogramm) hatte ich einen Vorsprung von ca. 3 500 Punkten auf Hyde/USA.

Und das, obwohl ich in dem immer stärker werdenden Seitenwind für ein Männchen eine Null kassierte.

Aber auch die anderen Finalisten hatten mit dem Wind zum Teil erhebliche Probleme. Eine von der Jury durchgeführte Messung ergab zuletzt eine Windgeschwindigkeit von etwa 39 km/h.

Wegen des Flugsandes war die Piste von den Punktrichterplätzen öfter nicht mehr zu sehen.

Der Wettbewerb wurde unterbrochen. Als der Sturm zwar seine Richtung, nicht aber seine Stärke änderte, wurde entgegen jeder Vernunft das Fliegen wieder eröffnet.

Im zweiten Durchgang hatte ich die Startnummer 1. Ich wußte, daß der Flug unter solchen Bedingungen nur ein Streichresultat bringt, und dann passierte es auch schon:

Ich hatte mit heftigen Böen zu kämpfen, und beim Trudeln machte ich anstelle der 13/4 exakt drei Drehbewegungen (wie im Kürprogramm).


Vielleicht war es mangelnde Motivation gepaart mit Ärger, bei irregulären Bedingungen fliegen zu müssen: dieser Flug war also wirklich das Streichresultat.
Für die zweite Runde im Kürprogramm hatte ich dann wegen der Spritprobleme in meine Motoren neue Kerzen eingeschraubt.

Beim Anlassen läuft alles prima, doch als ich starten will, kommt ein Motor nicht auf Touren. Startzeit aus.

Durchgangswertung Null. Ursache: Die ganze Glühwendel flog bei einer Kerze raus. Nur nicht ärgern, auch die anderen haben Streichresultate zu verzeichnen.

Die Wettersituation hatte sich inzwischen gebessert.

Der Wind bläst mit „nur“ 35 km/h. Mein Punktevorsprung hielt aber immer noch an und ich konnte im abschließenden 3-Minuten-Freistilprogramm meinen EZ Laser 200 einsetzen.

Damit sorgte ich für Überraschung, verzichtete ich doch damit auf die 6%-Doppeldeckerbonus.

Die Regeln sagen, in diesem 3-Minuten-Freistil soll man ein Airshow-Programm fliegen, das in erster Linie publikumswirksam zu sein hat.

So wollte ich meinen Flug mit Musik untermalen. Doch bei einer Abstimmung unter den Finalisten war man dagegen.

So musizierten halt nur meine beiden ST 90 im Gleichklang. Aber es reichte auch so, von den Punktrichtern die Höchstwertung zu bekommen.

Meine Figuren wie den Purzelbaum. Hanno-Schraube, Helicopterspin, Lomcovaks und das Superflachtrudeln kennen die Zuschauer von Ikarus Flugschau in Harsewinkel, nicht jedoch die in Las Vegas: Sie waren begeistert.

Tosender Applaus. und das Rennen war gelaufen.

Meinen Erfolg führe ich in erster Linie darauf zurück, daß mein Flugstil dem „Constant Speed“ am besten entspricht.

Mein Skybold, mit 2,15 m Spannweite der größte Doppeldecker am Platz, sieht in der Luft auch am ruhigsten aus, dazu steht mir die weitaus größte Motorkraft zur Verfügung, das Triebwerk bringt es auf lockere 7 PS.

Einen Anteil am Erfolg hatte auch meine mc-l8 Fernsteuerung: Für die verschiedenen Programme konnte ich mit den 7 Modellspeichern innerhalb von Sekunden auch die Flugcharakteristik meines Skybolt ändern: auch hatte ich ein spezielles „Windprogramm“ eingespeichert.

Der Zweitplazierte Chip Hyde flog, wie viele andere Piloten, den Ultimate Doppeldecker. Dieses Modell wurde in einer Kleinserie von ca. 30 Stück komplett fertig gebaut und den Las-Vegas-Teilnehmern zum Kauf angeboten.

Hyde flog sein erstes TOC und schnitt sehr gut ab. konnte er sich doch vom 4. Qualifikationsrang auf den 2. Platz vorarbeiten.

Beeindruckend war seine Torque Roll im Freistil-Programm. Wolfgang Matt verteidigte seinen 3. Rang auch im Finale und war sehr glücklich darüber, er hatte in seinem Ultimate die geringste Motorkraft aller Finalisten zur Verfügung und entsprechende Schwierigkeiten im Wind.

Auch ist die Tatsache nicht zu übersehen, daß er berufsbedingt nur sehr beschränkte Trainingszeit zur Verfügung hat.

Platz 4 ging an Tony Frackowiak / USA, der ebenfalls einen Ultimate mit OPS 60 und Futaba Steuerung flog.

Frackowiak ist F3A-Weltmeisterschaftsteilnehmer und fliegt hauptberuflich Modell-Drohnen für die US Army.

Steve Rojecki/USA, der Sieger des TOC 1984, ist Jetpilot bei Delta Airlines.

Er rutschte vom 2. auf den 5. Endrang ab und beeindruckte im Freistil mit einem eleganten Messerfluglooping seines Ultimate Doppeldeckers.

Motor DC Tartan, Fernsteuerung JR Computer. Auffallend war, daß nur mehr zwei Fernsteuermarken verwendet wurden, nämlich JR und Futaba, die etwa gleich oft verwendet wurden.

Den undankbarsten Job hatte Peter Wessels/BRD als Vorflieger, da er sich als Ersatz gut für den Wettbewerb vorbereitet hat und nicht zum Einsatz kam.
Ich hätte ihm mit seinem Wigens Monoplane (Motor Titan ZG 62. Seyer 20 x 11,5 Carbon Dreiblattprop: JR/Graupner mc18) einen guten Platz zugetraut.

Abschließend gesehen war dieses TOC wieder exzellent durchgeführt und wirklich sehenswert.

Es ist Bill Bennett als Sponsor dieser Superveranstaltung zu danken. Aber auch allen Offiziellen und Helfern. die mitgearbeitet haben.

Es ist nicht verwunderlich, daß dieses TOC jene Ausstrahlung besitzt, die Kunstflugpiloten aus aller Welt in ihren Bann zieht. Ich bin glücklich, wiederum „Champion der Champions“ zu sein. See you again in 1990.
Text: Hanno Prettner / FMT 1988
Fotos: Erich Gilik, Peter Wessels, Model Aviation, FMT