kenley300

2. RC1 WM 1962 Großbritannien

In Kenley, 30 km von London, hat am 17., 18. und 19. August die 2. Weltmeister­schaft im Radio-Kunstflug stattgefunden, nachdem die erste vor zwei Jahren in Zürich mit dem Sieg der Amerikaner und ihren Kunstflugtiefdeckern eine ganz neue Entwicklung eingeleitet hat, welche sich ebenfalls auf die ganze Welt erstreckte.

Der neue Weltmeister heißt Tom Brett aus USA, dem in der Ergebnisliste die drei Engländer Harry Brooks, Chris Olsen und F. Van den Bergh folgen. Der deutsche Radio-Kunstflugmeister Fritz Bosch platzierte sich an 6. Stelle hinter dem Amerikaner D. Brown. Die genannten Kunstflieger bil­den unter den 32 Teilnehmern eine klare Spitzengruppe. Bemerkenswert ist dabei ohne Zweifel das „Durchstehvermögen“ von den Bergh, der sich den 4. Platz (den er auch schon bei der ersten Welt­meisterschaft in Zürich errungen hatte) über die insgesamt drei Durchgänge erflog, obwohl er beim ersten wie beim zweiten Durchgang sein einziges Modell jeweils aus dem Trudeln nicht mehr ab­fangen konnte und deshalb vor jedem neuen Start sehr schwere Brüche reparie­ren musste.

kenley01
Fritz Bosch

Bemerkenswert ist weiter, dass nicht aus­schließlich der Tiefdecker dominiert. Brett und Brooks flogen zwar rasante Tiefdecker, der drittbeste Olsen jedoch seine ein­fache Kastenrumpfkonstruktion „Uproar“, ein Schulterdecker, der sich in seiner äu­ßere Form fast in nichts von einem „Allerweltsmotormodell“ unterscheidet. Auch der Amerikaner Brown flog mit einem Schulterdecker – ähnlich dem „Problem“ von Heese, (siehe „Modell“ 4/62). Es ist aber nichts Neues, dass es nicht auf bestimmte Modelltypen primär ankommt, sondern auf Leute, die etwas können. Auch in Zürich 1960 belegte ja Gustav Sämann mit einem Schulterdecker den zweiten Platz.

kenley02
Chris Olsen mit Uproar

Aus 13 Nationen waren dieses Jahr die ausgewählten Radiokunstflieger zur 2. Weltmeisterschaft für funkferngesteuerte Flugmodelle auf den Flugplatz der briti­schen Royal Air Force nach Kenley ge­kommen. Vollzählige Mannschaften mit 3 Teilnehmern schickten Belgien, Deutsch­land, Großbritannien, Holland, Italien, Schweden, Schweiz und die USA, wäh­rend aus Frankreich, Japan .und der So­wjetunion jeweils nur 2 Teilnehmer ge­kommen waren. Norwegen und Südafrika waren durch je eine ,Einmannschaft` vertreten.

kenley1962 saw01
Mashiro Kato`s Thunderchiefs

Insgesamt sind das 8 Länder mehr als vor 2 Jahren in Zürich, denn die Japaner, die Russen und die Südafri­kaner sowie die Franzosen und Norwe­ger waren damals nicht vertreten. So star­teten denn auch insgesamt 32 Teilnehmer statt 20 in Zürich und all dies spricht da­für, dass das Interesse am Radiokunstflug in der ganzen Welt zunimmt, und es auch in allen Nationen immer mehr Spitzen­könner gibt.

joker

kenley03
M.Kato mit Thunderchief

Auf dem Flugfeld begegnete man vielen bekannten Gesichtern, die man schon zum großen Teil 1960 in Zürich kennengelernt hatte. Die britische Mannschaft, welche schon damals in der Mannschaftswertung den 1. Preis erflogen hatte, bestand wie­der aus Frank van den Bergh und Chris Olsen; ihr neues Mannschaftsmitglied, Harry Brooks, lieferte aber später einen Höhepunkt in dieser Veranstaltung, ähnlich war es mit der deutschen Mann­schaft, die aus den „Zürich-Teilnehmern“ Gustav Sämann und Hans Gast bestand, deren neuer „Boy“ Fritz Bosch, der dies­jährige deutsche Meister, dann aber auch die höchste Punktzahl unter den dreien .er­reichte. Es Ist interessant, daß die Nennung der drei besten Mannschaften eine genaue Wiederholung der Mannschaftesergebnisse von 1960 ist.

kenley04

Hans Gast with Stormer1.Groß­britannien, 2. USA, 3. Deutschland. Dabei bestand aber dieses Jahr die amerikani­sche Mannschaft aus lauter neuen Leuten. Der große Wettbewerb wurde von der bri­tischen S.M.A.E. (Society of Model Aero­national Engineers) in Zusammenarbeit mit der amerikanischen A.M.A. (Academy of Model Aeronatics) organisiert.

kenley05
Chris Olsens Uproar

Mann­schaften trafen in Kenley drei Tage vor Beginn des Wettbewerbs ein und wohn­ten in Mannschaftsbaracken. Ein Hangar des Flugplatzes wurde für die Aufbewah­rung der Modelle, Reparaturarbeiten, Trimmung der Anlagen usw. zur Ver­fügung gestellt, und die Unteroffiziers­messe stand allen Teilnehmern, den Funk­tionären und der Presse offen.

Der Wettbewerb selbst begann am Frei­tag, dem 17. August, um 9 Uhr bei kaltem, windigem Wetter, unter einem Himmel voll Regen. Unter diesen nicht sehr einladenden Bedingungen mußte der Hol­länder Van der Hoek als erster an den Start, der aber nicht glückte. Er bekam eine zweite Starterlaubnis am Ende des Vormittags, gleich danach aber auch Mo­torausfall, so daß er magere 20 Punkte erreichen konnte.

kenley06
Tom Bretts Apogee

Nebenbei bemerkt zeigte sich, daß die fünf Mitglieder der Jury etwas verschiedene Ansichten über den Standard des Kunstfliegens hatten; am Ende des ersten Durchganges war von einem der Jurymitglieder ein bestimmter Flug z. B. mit 1061 Punkten bewertet, von einem anderen mit 367, während die übri­gen drei durchschnittlich 536,6 vergeben wollten. Andererseits zeigten sich alle Jurymitglieder als unbeeinflußbar durch die Punktzahlvergabe ihrer Kollegen, und sie drückten ihre verschiedenen Auffas­sungen glücklicherweise auch während des ganzen Wettbewerbes in ihrer individuel­len Punktvergabe beim Vergleich eines Teilnehmers mit dem anderen aus. Die Jury bestand aus dem Holländer A. Aarts, dem Ungarn Rezco Beck, dem Amerikaner Maynard Hill, dem Engländer C. S. Rushbrooke und dem Deutschen Norbert Trumpfheller.

kenley07
Teammanager USA Mr.Good

Die besten Ergebnisse, die während des ersten Durchganges erflogen wurden, lau­ten:

1304 Punkte von Brown, USA
1279,6 Punkte von Olsen, England
1255 Punkte von Brooks, England
1225 Punkte von Bosch, Deutschland 1203,3 Punkte von Brett, USA
1067 Punkte von Van den Bergh, England
1225 Punkte von Bosch, Deutschland
1203,3 Punkte von Brett, USA
1067 Punkte von Van den Bergh, England
1058 Punkte erflog Malherbe, Südafrika
1028 Punkte Bellochio, Italien
1010 Punkte Teuwen aus Belgien

kenley08
Tom Brett und Don Brown

Von den anderen 21 Teilnehmern erreichte keiner die 1000-Punkt-Grenze. Obwohl sich nach diesem ersten Durchgang die Spitzengruppe, wie sich später zeigte, schon klar herausgeschält hatte, wußte damals natürlich noch niemand, ob diese ungefähre Reihenfolge während des 2. und 3. Durchganges nicht vollständig über den Haufen geworfen würde.

Da von den drei Durchgängen die jeweilig zwei Besten für die Endbewertung benutzt wurden, be­trachteten wir alle den ersten Durchgang mehr oder weniger als Ouvertüre, die noch nichts Endgültiges über die Oper sagt, die in den folgenden zwei Tagen über die Bühne gehen sollte.

kenley09
A.Arlers  Tiefdecker

Der erste Flugtag verlief jedoch nicht ohne Zwischenfälle, den eindrucksvollsten da­von lieferte Van den Berghs Modell, das sich aus dem Trudeln nicht mehr abfan­gen ließ und etwa aus 100 m Höhe auf das Feld hinter den Zuschauern schmet­terte.

komet
Den Engländern bereitete das sehr großes Unbehagen, da Van den Bergh kein Ersatzmodell besaß (normalerweise ver­langt dies strikt die S.M.A.E. von ihren Mitgliedern bei der Teilnahme an inter­nationalen Wettbewerben), und der abge­stürzte Vogel sehr übel aussah.

kenley10
Die Japaner Oki and Kato mit Flugzeug

Weiterhin geriet das Modell des Schwei­zers Bickel plötzlich außer Kontrolle und zerschlug am Boden. Damit hatte Bickel mit dem Apparat, mit dem er 1959 in Hir-zenhain den Europapokal des belgischen Königs gewonnen hatte, nur 259 Punkte erflogen; daß der Flug von Mattey vor­zeitig nach einem Gewinn von nur 36,6 Punkten endete, konnte natürlich die Aus­sichten der Schweizer nicht verbessern, obwohl Sauthier mit 840,6 Punkten wenig­stens für das Pech seiner Landsleute wie­der aufkam.

kenley1962 saw02
Mashiro Kato`s Thunderchiefs

Durch Bruch wegen Ver­sagens der Steuerung endete auch das Hauptmodell des Russen Velichkovski. Ein weniger auffallender Grund für nie­drige Punktzahl waren die Schwierigkei­ten, die Sämann mit seinem Empfänger hatte, der sich weigerte, die Drossel an seinem Merco-49-Motor zu bedienen, so daß das Modell nach nur drei ausgefloge­nen Figuren, die 146 Punkte brachten, mit vollaufendem Motor gelandet werden mußte. Im ganzen endeten aber die vor­zeitig abgebrochenen Flüge generell mehr wegen Schwierigkeiten mit den Triebwer­ken als wegen streikenden Fernsteuer-anlagen oder Steuerfehlern der Piloten. Schwierigkeiten gab’s bei allen vertrete­nen Motortypen.

kenley11
Bellochio mit Tian 40

Zu den Teilnehmern, welche während des Nachmittags Opfer sterbender Motoren wurden, gehörte z. B. der Holländer Mul-der, dessen K & B 45 nach einer Flug­minute aussetzte. Der Enya 45 des Ja­paners Oki starb kurz vor Beendigung des Flugs und der Italiener Miliani, der, nach­dem er bereits beim ersten Versuch seinen Super-Tigre 56 innerhalb der 5-Minuten-Grenze nicht angebracht hatte, dann aber nach einem Kerzenwechsel prompt vom Boden kam, mußte seinen Flug mit 483,6 gesammelten Punkten wegen ausfallen­dem Motor beenden.

kenley12
Tom Bretts Apogee

Dafür herrschte dann aber auch beim nächsten Durchgang besseres Wetter; obwohl der Wind fast bis zur letzten Stunde anhielt, gab heller Sonnenschein den gan­zen Vorgängen doch eine freundlichere Note.

kenley13
P.Louis mit Nimbus

Die erste hohe Punktzahl beim zweiten Durchgang erflog, wie erwartet, Tom Brett mit seinem „Perigee“, K & B und Orbit-Anlage. Das Modell, das äußerlich dem „Nimbus“ von Brett, seiner letztjäh­rigen Konstruktion, ähnelt, aber kleiner ist, lag sehr sauber im Wind. Die „Perigee“ (Bretts Ersatzmodell hieß „Apogee“, er hat’s also gegenwärtig mit Namen aus der Astronomie) ist sehr rasch. Trotzdem nahm sich Tom so viel Zeit, sicher von ei­ner klaren Ausgangsposition zu jeder ein­zelnen Flugfigur anzusetzen, daß man be­fürchtete, er werde die Zeitgrenze von

15 Flugminuten überschreiten. Er tat’s aber nicht, sondern ergatterte 1396 Punkte, die bis dahin höchste Punktzahl der gan­zen Veranstaltung.

kenley2024 31
Harry Brooks mit Reb

Als nächster machte sich der einsame Nor­weger Poju Stephansen an den Start. Sei­nem Modell, mit einem Enya 29 und einerselbstkonstruierten Proportionalanlage nach dem System „Galloping Ghost“ aus­gerüstet, wäre wirklich mehr zu wünschen gewesen als den Sturz, den es 1 Minute nach dem Abheben vollführte. Der Flug wurde als „Versuch“ registriert, aber das Modell war beschädigt, und da Stephansen kein Ersatzmodell dabei hatte, zog er vor, auszuscheiden. Der Schweizer Andre Mattey, der daraufhin startete, benutzte in seinem mit einem O.S. 49 ausgerüsteten „Orion“ von den zehn vorhandenen Kanä­len seiner F & M-Anlage offensichtlich nur acht; da er nicht trimmen konnte, hatte er es schwer, das Modell im Rücken­flug zu halten und errang 678,3 Punkte.

kenley2024 32
Rolf Dilot mit Orion

Zwei herrliche Flüge zeigten dann der Engländer Brooks und der Deutsche Bosch. Brooks‘ Modell, mit einem abgeänderten McCoy 60 ausgerüstet, der hervorragend den ganzen Wettbewerb durchstand, zeigte besonders gute Rückenflugeigenschaften und stand vorzüglich in der vertikalen Acht.

kenley2024 33
Gustav Saemann mit Prototyp Graupner Caravelle

Fritz Bosch zeigte mit seinem Modell, ausge­rüstet mit Super-Tigre 56, ebenfalls einen äußerst eindrucksvollen Flug. Seine Flie­gerei war bemerkenswert gleichmäßig, seine Kondition ausgeglichen, so daß seine beste und seine schlechteste Punktzahl bei den einzelnen Durchgängen sich nur um 67 Punkte voneinander unterscheiden. Mit 1423,6 Punkten von Brooks und 1264,3 Punkten von Bosch rückte Brooks an erste Stelle.

kenley2024 34
A.Bellochio mit Tian 40

Nur der Südafrikaner Malherbe kam wäh­rend dieses Morgens ebenfalls über 1000 Punkte. Mit dem Orbit Hersteller Bob Dunham als Assistent flog Malherbe einen Veco 45 in seinem Modell „Stormer“.  Mal­herbe, der einer der Pioniere des RC-Fluges in Südafrika ist, zeigte einen sauberen Flug, der 1108 Punkte erhielt.

kenley2024 35
P.Stephanson mit Lone

Am Nachmittag ging der Russe Velichkovski mit seinem Ersatzmodell, ausgerüstet mit Super-Tigre G. 21/35 und anderer Ausstattung, das ihm mit 274 Punkten ein besseres Ergebnis als sein erster Flug brachte, an den Start. Velichkovski be­nutzte eine selbstkonstruierte 10-Kanal-Anlage während sein Mannschaftskamerad Arler mit. einer abgeänderten russischen Anlage RUM/1 und pneumatischen Servos flog. Beide hatten mit verschiedenen technischen Schwierigkeiten zu kämpfen und waren dadurch sehr benachteiligt gegenüber der Mehrzahl der anderen Wettbewerbsteilnehmer. Es ist bedauerlich, daß solche Unterschiede in der technischen Ausrüstung die persönlichen Fähigkeiten einzelner Teilnehmer nicht zur Geltung kommen lassen.

kenley2024 36
A.Arler mit seinem Tiefdecker

Alfred Bickels nächster Flug mit Ersatzmodell eingebauter 8-Kanalanlage, pneumatischen Servos über eine eigenkonstruierte Vakuumpumpe am K & B 45, brachte ihm 615,3 Punkte, erflogen ohne Höhenrudertrimmung. Der Engländer Olsen, der weiter an seinem Hochdecker „Uproar“ festhält, ausgerüstet mit Merco 49, flog gut, verbesserte sich aber nur um einen Punkt.

kenley2024 37
Chris Olsen mit Uproar

Beim nächsten Flug von Hans Gast gabs nach einem erfolgversprechenden Start einen Schlag, worauf Gasts Modell mit frei „windmühlendem“ Propeller landete. Zuerst vermutete man Kurbelwellenbruch, dann zeigte sich aber an dem K & B 45, dass das diesem Motor eigene rückwärtige Ausgleichsschwunggewicht gebrochen war und vermutlich den Motor durch eine Ver­klemmung schlagartig abstoppte, so dass sich der Propeller losdrehte. Mit 451 Punk­ten waren damit Gasts Aussichten begra­ben, denn es bestand keine Hoffnung mehr, dass er zur Spitzengruppe aufholen konnte, so gut auch sein Flug im letzten Durchgang sein möge.

kenley2024 38
Mashiro Kato mit Thunderchief

Der Wettbewerb schleppte sich dann für Stunden etwas dahin; lediglich der Ja­paner Kato kam mit seinem Modell, aus­gerüstet mit K & B- und O.S.-Anlage über 1000 Punkte. Aber die Spannung stieg, als dann Don Brown, amerikanischer Spit­zenmann aus dem ersten Durchgang, wie­der an den Start kam.

kenley2024 39
Bellochio mit Tian 40

Mit dem Steuer­knüppel an seiner neuen Quadruplex-Proportional-Anlage zog Brown sein Mo­dell nach Fahrplan mit imponierender Ele­ganz durch die Figuren, so daß man ein Minimum von 1400 Punkten erwartete —bis plötzlich vier Figuren vor dem Pro­grammende sein Merco 49 über Luftblasen im Kraftstoffschlauch stolperte und an Spritmangel starb: 1281,6 Punkte.

kenley2024 40
Erwin Bickel (Switzerland) seiner TiefdeckerEigenkonstruktion, K&B 45 R/C Motor.

Nach dieser Sensation hob Sauthier mit einem Flug von 1047 Punkten die Platzierung der Schweizer Mannschaft wieder beträchtlich an, aber kaum jemand achtete darauf, da außerdem noch bekannt wurde, daß Vati den Bergh sein am Vortage zerschmetter­tes Modell tatsächlich wieder zusammen­gekleistert habe und an den Start gehe.

kenley2024 41

Wie zur Belohnung für die unglückliche Erdölbohrung am Vortage zog Van den Bergh’s Modell mit Merco 49 und Orbit los, hob ab und zeigte sich geneigt, ohne Schwierigkeiten über die Runden zu ge­hen.

kenley2024 42
A.Arler (Russia) mit Tiefdecker Eigenkonstruktion

Aber dann begann der Motor hör­bar nachzulassen, die Engländer hielten den Atem an und fieberten bei jeder Fi­gur, ob der Vogel noch durchkomme. Und wiederum beim Trudeln, der 16. Figur, passierte es, der Merco starb, das Modell kippte ab, schoß gegen den Boden. Trost­preis: Schaden nicht ganz so groß wie am Vortrag und 1177,6 Punkte.

kenley2024 48
Harry Brooks mit Reb

Van Bergh konnte sich wenigstens damit trösten, daß er nicht nachgegeben hatte und die Eng­länder deshalb dennoch als Mannschaft en der Spitze blieben.

kenley2024 49
Tom Brett mit Apogee

Die drei letzten Flüge des Durchgangs: Teuwen, mit 1010 Punkten der belgische Spitzenführer, mußte zusehen, wie sein K & B 45 bei einer Rolle starb. Rasch rea­gierend gelang es ihm aber, sein Modell dennoch in den 50-Meterkreis zu setzen und 806,3 Punkte zu ergattern. Der Ita­liener Miliani erflog 585 Punkte. Zum Schluß folgte Sämann, der seinen Start wegen Schwierigkeiten am Empfänger bis zum Schluss verschoben hatte.

kenley2024 50
W.Robinson mit seinem Tiefdecker

Es war ein Genuß, Gustavs schlankes, flüssig fliegendes Modell zu beobachten. Er hatte alle Chancen, für seine Enttäuschung beim ersten Flug belohnt zu werden; aber jetzt zum 4. Mal bei 6 Flügen ruinierte ein sterbendes Triebwerk die Chancen eines Wettbewerbsteilnehmers. Sämann wollte gerade zum Trudeln ansetzen, als das, was ein Flug mit Spitzenbewertung zu versprechen begann, mit 1126 Pkt. endete.

kenley2024 51
Rolf Dilot mit Orion

So stand es also zu Beginn des letzten Flugtages und Durchgangs, der jedem Wettbewerbsteilnehmer auch die letzte Chance bot, seine niederste Bewertung durch eine bessere zu ersetzen. Der erste, der dies ausnützte, war der Amerikaner Robinson, der mit 1243 Punkten fast 600 Punkte mehr erreichte als bei seinem er­sten Flug. Das Wetter war jetzt ausge­zeichnet, ein klarer sonniger Morgen mit einer leichten Brise.

kenley2024 52
Gustav Saemann mit Prototyp Graupner Caravelle

Unter diesen nahezu idealen Bedingungen zog der bisherige Spitzenreiter, Brooks, sein Modell sicher durch die Flugfiguren, ohne die volle Leistung seines zuverlässi­gen McCoy 60 voll auszunutzen.

kenley2024 53
Bellochio mit Tian 40

Aus aus­gezeichneten Ausgangsposition fährt er in geringer Höhe sein Modell vor der Jury aufwärts und abwärts über die Szene. Seine Loopings waren rund, seine Achten, Rollen, Trudelfiguren und sein Rückenflug vollendet.

kenley2024 55
Tom Brett mit Apogee und Harry Brooks mit Reb

Die offizielle Punktmitteilung wäre nicht notwendig gewesen, um zu wissen, daß dies bis da­hin der beste Flug gewesen war; der bri­tische Radioflieger, bis dahin stillschwei­gend allgemein als das „Schlußlicht“ der britischen Mannschaft betrachtet worden war, hatte die Weltmeisterschaft fast in der Tasche.

kenley2024 56
Tom Brett mit Apogee

Für Fritz Bosch war es sicher­lich ein psychologisches Handicap, als nächster direkt nach diesem ausgezeichneten Flug starten zu müssen.

kenley2024 57
Monte Matherbes Stormer

Er ließ sich aber nicht beeindrucken und erflog ruhig und sicher mit 1292 Punkten die höchste Wertung der deutschen Mannschaft, ein Ergebnis, das er sicherlich voll verdient hat. Persönlich denke ich und andere, daß ihm noch mehr zugestanden hätte. Brooks Flugergebnis wurde zwischendurch mit 1507,6 Punkten bekanntgegeben.

kenley2024 58
Mashiro Kato mit Thunderchief

Die Flüge von Robinson, Brooks und Bosch hatten die Position der Amerika­ner, Engländer und Deutschen Mann­schaften am Kopf der Rangliste gestärkt. Nachher aber gelang es vielen anderen Teilnehmern nicht, ihre Flugergebnisse hei den vorhergehenden Durchgängen er­wähnenswert. zu verbessern.

kenley2024 59
P.Elliasson mit Mustfire

Arler, Sow­jetunion, addierte 189,6 Punkte zu meinen 402,3 Punkten aus dem ersten Durchgang. Bellochio, Italien, erflog sich nach einem guten Start 900 Punkte. Oki aus Japan hatte wiederum Triebwerksausfall, dies­mal schon nach der Hälfte des Flugs. Malherbe, Südafrika, verbesserte auf 1185 um 126,7 Punkte, während der Schwede Eliasson seine attraktive „Mustfire“ mit Merco nach einem Gewinn von über 400 Punkten bei einem Flugergebnis von 1016,3 Punkten aufsetzte.

kenley2024 60
Willis Robinsons Tiefdecker

Größte Erwartungen bei den rund 5000 Zuschauern wie allen am Wettbewerb Beteiligten erweckte wieder der Start von Dan Brown aus Amerika. Es schien fast unmöglich, daß Brown Brooks Ge­samtwertung übertreffen könne; dazu hätte er 1628 Punkte gewinnen müssen, aber jedermann erwartete zumindest einen außergewöhnlich guten Flug.

kenley2024 61
Don Browns Ambassador

Brown startete rasch; offensichtlich war er sich der Gefahr bewußt, daß sein Merco vor Durchfliegen aller Figuren den Tank leertrinken könne, und bemühte sich, so schnell wie möglich durch die Figuren zu kommen. Der Merco heulte freudig, offen­sichtlich durch eine knappe Vergaserein­stellung ebenfalls im Interesse des Spritsparens. Aber die Rechnung ging nicht auf: Nach sauberstem Durchfliegen der Hälfte der Figuren soff der Merco ab, starb und damit. auch Brown’s Chance auf einen individuellen Erfolg.

kenley2024 62
Eins der japanischen Modellen

Am Nachmittag erschien Van der Bergh wieder mit dem zum zweitenmal repa­rierten Modell; viele fragten sich, ob es ihm jetzt endlich gelinge, es endgültig kaputt zu schlagen. Aber der Vogel erfüllte diese Erwartung nicht, benahm sich im Gegenteil höchst folgsam; nach der Lan­dung steuerte ihn Van den Bergh mit ge­drosseltem Motor zurück bis zur Trans­portkiste am Rande des Flugfelds. Unter Beifall der Zuschauer. Mit 1451 Punkten erhielt er die his dahin zweitbeste Bewer-ling eines Einzelfluges. Wer fragt schon nach einem kaputten Modell? Nur Weiterfliegen gilt.

kenley2024 63
Harry Brooks Reb

Anschließend erflog Hans Gast mit 1927 Punkten mit einem guten Flug für die deutsche Mannschaft die Gewißheit, daß sie endgültig den dritten Platz errungen hatte, nach England und Amerika. In der Einzelbewertung lagen Brooks, England, und Van den Bergh, England, an der Spitze, gefolgt von Brett, USA, und 13rown, USA, sowie Olsen, England. Brett und Olsen hatten jedoch den letzten Flug noch vor sich und konnten dadurch die Rangordnung durchaus noch verändern. Dies geschah dann auch, aber auf sehr dramatische Weise.

kenley2024 43
Monte Malherbe startrt

Mit Tom Brett hatten die Amerikaner das letzte Eisen im Feuer. Es erschien aber äußerst unwahrscheinlich, dass Brett die notwendigen 1535,2 Punkte erfliegen kön­ne um Brooks zu übertreffen, da der Wind aufgefrischt hatte und es erschwerte wirklich flüssige und präzise Figuren zu fliegen.‘ Nun, um es kurz zu machen; Nach einem hervorragenden Flug von Brett rechneten die Jurymitglieder einen Durch­schnitt von 1537 Punkten zusammen.

kenley2024 45
Dave Browns Ambassador

Der FAI-Jury war es aber bei diesem Ab­stand von 1,8 Punkten nicht recht wohl und sie erklärte deshalb, daß zwischen Brett Lind Brooks ein Stechen entschei­den müsse, sofern nicht ein anderer Teil­nehmer ein noch höheres Ergebnis er­ziele. Diese Bemerkung betraf praktisch nur Olsen, für den es aber unmöglich war, über 1650 Punkte zu gewinnen, um Brett und Brooks zu übertreffen.

kenley1962 saw03
The Russian participant A. Arler with his semi-scale aeroplane. It was steered with pneumatic servos. Shortly after this photo was taken, it crashed into the crowd, very close to where our Photographe Graham was standing. This aircraft was powered by a Webra Boxer 7.6 cc.

Dennoch ver­suchte er es ernsthaft und erreichte mit 1469 Punkten das drittbeste Einzelergeb­nis. Außerdem schob er sich dabei in die dritte Position hinter den beiden führen­den Teilnehmern. So kams dann also zum Stechen.

gustavsaemann1962kenley 1
Der Gustav Sämann mit Graupner Prototyp Caravelle

Brooks flog zuerst, startete gut, fiel aber in den Loopings leicht ab und verlor auch Höhe bei seinen Rol­len. Sein Rückenflug war gut, auch seine stehende Acht. Er setzte außerhalb des Zielkreises auf. Brett war besser als Brooks bei den Loopings und den Rollen. Auch er flog nicht ganz fehlerfrei, aber die meisten seiner Figuren waren ein­wandfrei und er landete im Zielkreis. Endergebnis: Brett 1470,6, Brooks 1288,3.

kenley2024 46
Schweizer Pilot

So endete die zweite Weltmeisterschaft für Radio-Flugmodelle. Später gab’s ein Bankett mit Preisverteilung, Reden von Vizeluftmarschall Checksfield, RAF, Hans Justus Meier von der • FAI, dem Vorsitzenden der S.M.A.E., A. F. Houlberg, und eine besonders unter­haltende Rede von dem Pionier des Radiomodellflugs, Dr. Walter Good. Dem Sieger Tom Brett konnte man aber den Pokal des belgischen Königs nicht aus­händigen, da dieser in den USA nicht zei­tig genug auf’s Postamt gebracht worden war (der Pokal, nicht der König).

kenley2024 44
Fritz Bosch und Hans Justus Maier

Die Model Aeronautical Press Ltd. (Aero-modeller) stiftete einen neuen Mann­schaftspokal, die Castrol-Oil-Company Ldt. Sprit und Tanks für alle Mannschaf­ten. Walt Good überreichte aber Frank Van den Bergh eine ganz besondere Aus­zeichnung — nämlich eine Mitglieds­urkunde des „Down Elevator-Club“ des „Tiefenruder-Vereins“, und die hat Van den Bergh ja auch wirklich verdient —weil er nämlich trotzdem flog!

kenley2024 47
Harry Brooks mit Reb und Tom Brett mit Apogee

Kenley Technik

us England kommen jetzt die ersten Be­richte über die technische Auswertung der Radioflug-Weltmeisterschaft in Kenley im August, gerade so rechtzeitig, daß sie we­nigstens noch zum Teil für dieses Heft verwertet werden konnten.

kenley2024 02 3

So interessant große Wettbewerbe für die Teilnehmer und die Zuschauer auch sind — für die Masse der Modellbauer und den Modellbau ganz allgemein ist sehr viel wichtiger, welche technischen Mittel an­gewendet wurden und welche Entwick­lung sich zeigt. Neben dem Vergleich der persönlichen Leistung ist solch eine in­ternationale Veranstaltung auch ein ein­maliger Leistungsvergleich zwischen den verschiedenen technischen Mitteln, die in aller Welt angewendet werden, um zu im­mer besseren Leistungen zu kommen.

kenley2024 01 3

 

Bei der Untersuchung der technischen Einzelheiten geht es aber nicht mehr um Punkte; die werden sogar ganz unwichtig. Eine musterhaft ausgelegte Fernsteuer-anlage z. B. wird nicht dadurch wert­loser, daß ihr Benutzer Motorschwierig­keiten hat und deshalb nur wenige Punkte ergattert. Ein vorzüglich laufender Motor wird nicht schlechter, weil der erregte Pilot die Rückenflugtrimmung nicht rich­tig bedient.

Für die technische Bewertung gelten an­dere Gesichtspunkte als für die Leistung bei einem Wettbewerb im Einzelnen.

Text: Peter Chinn

Fotos: Urs Leodolter,  Willi Streil, Günter Hoppe, Graham Saw

 

Result List

results62 1

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert