In Kenley, 30 km von London, hat am 17., 18. und 19. August die 2. Weltmeisterschaft im Radio-Kunstflug stattgefunden, nachdem die erste vor zwei Jahren in Zürich mit dem Sieg der Amerikaner und ihren Kunstflugtiefdeckern eine ganz neue Entwicklung eingeleitet hat, welche sich ebenfalls auf die ganze Welt erstreckte.
Der neue Weltmeister heißt Tom Brett aus USA, dem in der Ergebnisliste die drei Engländer Harry Brooks, Chris Olsen und F. Van den Bergh folgen. Der deutsche Radio-Kunstflugmeister Fritz Bosch platzierte sich an 6. Stelle hinter dem Amerikaner D. Brown. Die genannten Kunstflieger bilden unter den 32 Teilnehmern eine klare Spitzengruppe. Bemerkenswert ist dabei ohne Zweifel das „Durchstehvermögen“ von den Bergh, der sich den 4. Platz (den er auch schon bei der ersten Weltmeisterschaft in Zürich errungen hatte) über die insgesamt drei Durchgänge erflog, obwohl er beim ersten wie beim zweiten Durchgang sein einziges Modell jeweils aus dem Trudeln nicht mehr abfangen konnte und deshalb vor jedem neuen Start sehr schwere Brüche reparieren musste.

Bemerkenswert ist weiter, dass nicht ausschließlich der Tiefdecker dominiert. Brett und Brooks flogen zwar rasante Tiefdecker, der drittbeste Olsen jedoch seine einfache Kastenrumpfkonstruktion „Uproar“, ein Schulterdecker, der sich in seiner äußere Form fast in nichts von einem „Allerweltsmotormodell“ unterscheidet. Auch der Amerikaner Brown flog mit einem Schulterdecker – ähnlich dem „Problem“ von Heese, (siehe „Modell“ 4/62). Es ist aber nichts Neues, dass es nicht auf bestimmte Modelltypen primär ankommt, sondern auf Leute, die etwas können. Auch in Zürich 1960 belegte ja Gustav Sämann mit einem Schulterdecker den zweiten Platz.

Aus 13 Nationen waren dieses Jahr die ausgewählten Radiokunstflieger zur 2. Weltmeisterschaft für funkferngesteuerte Flugmodelle auf den Flugplatz der britischen Royal Air Force nach Kenley gekommen. Vollzählige Mannschaften mit 3 Teilnehmern schickten Belgien, Deutschland, Großbritannien, Holland, Italien, Schweden, Schweiz und die USA, während aus Frankreich, Japan .und der Sowjetunion jeweils nur 2 Teilnehmer gekommen waren. Norwegen und Südafrika waren durch je eine ,Einmannschaft` vertreten.

Insgesamt sind das 8 Länder mehr als vor 2 Jahren in Zürich, denn die Japaner, die Russen und die Südafrikaner sowie die Franzosen und Norweger waren damals nicht vertreten. So starteten denn auch insgesamt 32 Teilnehmer statt 20 in Zürich und all dies spricht dafür, dass das Interesse am Radiokunstflug in der ganzen Welt zunimmt, und es auch in allen Nationen immer mehr Spitzenkönner gibt.

Auf dem Flugfeld begegnete man vielen bekannten Gesichtern, die man schon zum großen Teil 1960 in Zürich kennengelernt hatte. Die britische Mannschaft, welche schon damals in der Mannschaftswertung den 1. Preis erflogen hatte, bestand wieder aus Frank van den Bergh und Chris Olsen; ihr neues Mannschaftsmitglied, Harry Brooks, lieferte aber später einen Höhepunkt in dieser Veranstaltung, ähnlich war es mit der deutschen Mannschaft, die aus den „Zürich-Teilnehmern“ Gustav Sämann und Hans Gast bestand, deren neuer „Boy“ Fritz Bosch, der diesjährige deutsche Meister, dann aber auch die höchste Punktzahl unter den dreien .erreichte. Es Ist interessant, daß die Nennung der drei besten Mannschaften eine genaue Wiederholung der Mannschaftesergebnisse von 1960 ist.
Hans Gast with Stormer1.Großbritannien, 2. USA, 3. Deutschland. Dabei bestand aber dieses Jahr die amerikanische Mannschaft aus lauter neuen Leuten. Der große Wettbewerb wurde von der britischen S.M.A.E. (Society of Model Aeronational Engineers) in Zusammenarbeit mit der amerikanischen A.M.A. (Academy of Model Aeronatics) organisiert.

Mannschaften trafen in Kenley drei Tage vor Beginn des Wettbewerbs ein und wohnten in Mannschaftsbaracken. Ein Hangar des Flugplatzes wurde für die Aufbewahrung der Modelle, Reparaturarbeiten, Trimmung der Anlagen usw. zur Verfügung gestellt, und die Unteroffiziersmesse stand allen Teilnehmern, den Funktionären und der Presse offen.
Der Wettbewerb selbst begann am Freitag, dem 17. August, um 9 Uhr bei kaltem, windigem Wetter, unter einem Himmel voll Regen. Unter diesen nicht sehr einladenden Bedingungen mußte der Holländer Van der Hoek als erster an den Start, der aber nicht glückte. Er bekam eine zweite Starterlaubnis am Ende des Vormittags, gleich danach aber auch Motorausfall, so daß er magere 20 Punkte erreichen konnte.

Nebenbei bemerkt zeigte sich, daß die fünf Mitglieder der Jury etwas verschiedene Ansichten über den Standard des Kunstfliegens hatten; am Ende des ersten Durchganges war von einem der Jurymitglieder ein bestimmter Flug z. B. mit 1061 Punkten bewertet, von einem anderen mit 367, während die übrigen drei durchschnittlich 536,6 vergeben wollten. Andererseits zeigten sich alle Jurymitglieder als unbeeinflußbar durch die Punktzahlvergabe ihrer Kollegen, und sie drückten ihre verschiedenen Auffassungen glücklicherweise auch während des ganzen Wettbewerbes in ihrer individuellen Punktvergabe beim Vergleich eines Teilnehmers mit dem anderen aus. Die Jury bestand aus dem Holländer A. Aarts, dem Ungarn Rezco Beck, dem Amerikaner Maynard Hill, dem Engländer C. S. Rushbrooke und dem Deutschen Norbert Trumpfheller.

Die besten Ergebnisse, die während des ersten Durchganges erflogen wurden, lauten:
1304 Punkte von Brown, USA
1279,6 Punkte von Olsen, England
1255 Punkte von Brooks, England
1225 Punkte von Bosch, Deutschland 1203,3 Punkte von Brett, USA
1067 Punkte von Van den Bergh, England
1225 Punkte von Bosch, Deutschland
1203,3 Punkte von Brett, USA
1067 Punkte von Van den Bergh, England
1058 Punkte erflog Malherbe, Südafrika
1028 Punkte Bellochio, Italien
1010 Punkte Teuwen aus Belgien

Von den anderen 21 Teilnehmern erreichte keiner die 1000-Punkt-Grenze. Obwohl sich nach diesem ersten Durchgang die Spitzengruppe, wie sich später zeigte, schon klar herausgeschält hatte, wußte damals natürlich noch niemand, ob diese ungefähre Reihenfolge während des 2. und 3. Durchganges nicht vollständig über den Haufen geworfen würde.

Der erste Flugtag verlief jedoch nicht ohne Zwischenfälle, den eindrucksvollsten davon lieferte Van den Berghs Modell, das sich aus dem Trudeln nicht mehr abfangen ließ und etwa aus 100 m Höhe auf das Feld hinter den Zuschauern schmetterte.

Weiterhin geriet das Modell des Schweizers Bickel plötzlich außer Kontrolle und zerschlug am Boden. Damit hatte Bickel mit dem Apparat, mit dem er 1959 in Hir-zenhain den Europapokal des belgischen Königs gewonnen hatte, nur 259 Punkte erflogen; daß der Flug von Mattey vorzeitig nach einem Gewinn von nur 36,6 Punkten endete, konnte natürlich die Aussichten der Schweizer nicht verbessern, obwohl Sauthier mit 840,6 Punkten wenigstens für das Pech seiner Landsleute wieder aufkam.

Durch Bruch wegen Versagens der Steuerung endete auch das Hauptmodell des Russen Velichkovski. Ein weniger auffallender Grund für niedrige Punktzahl waren die Schwierigkeiten, die Sämann mit seinem Empfänger hatte, der sich weigerte, die Drossel an seinem Merco-49-Motor zu bedienen, so daß das Modell nach nur drei ausgeflogenen Figuren, die 146 Punkte brachten, mit vollaufendem Motor gelandet werden mußte. Im ganzen endeten aber die vorzeitig abgebrochenen Flüge generell mehr wegen Schwierigkeiten mit den Triebwerken als wegen streikenden Fernsteuer-anlagen oder Steuerfehlern der Piloten. Schwierigkeiten gab’s bei allen vertretenen Motortypen.

Zu den Teilnehmern, welche während des Nachmittags Opfer sterbender Motoren wurden, gehörte z. B. der Holländer Mul-der, dessen K & B 45 nach einer Flugminute aussetzte. Der Enya 45 des Japaners Oki starb kurz vor Beendigung des Flugs und der Italiener Miliani, der, nachdem er bereits beim ersten Versuch seinen Super-Tigre 56 innerhalb der 5-Minuten-Grenze nicht angebracht hatte, dann aber nach einem Kerzenwechsel prompt vom Boden kam, mußte seinen Flug mit 483,6 gesammelten Punkten wegen ausfallendem Motor beenden.

Dafür herrschte dann aber auch beim nächsten Durchgang besseres Wetter; obwohl der Wind fast bis zur letzten Stunde anhielt, gab heller Sonnenschein den ganzen Vorgängen doch eine freundlichere Note.

Die erste hohe Punktzahl beim zweiten Durchgang erflog, wie erwartet, Tom Brett mit seinem „Perigee“, K & B und Orbit-Anlage. Das Modell, das äußerlich dem „Nimbus“ von Brett, seiner letztjährigen Konstruktion, ähnelt, aber kleiner ist, lag sehr sauber im Wind. Die „Perigee“ (Bretts Ersatzmodell hieß „Apogee“, er hat’s also gegenwärtig mit Namen aus der Astronomie) ist sehr rasch. Trotzdem nahm sich Tom so viel Zeit, sicher von einer klaren Ausgangsposition zu jeder einzelnen Flugfigur anzusetzen, daß man befürchtete, er werde die Zeitgrenze von
15 Flugminuten überschreiten. Er tat’s aber nicht, sondern ergatterte 1396 Punkte, die bis dahin höchste Punktzahl der ganzen Veranstaltung.

Als nächster machte sich der einsame Norweger Poju Stephansen an den Start. Seinem Modell, mit einem Enya 29 und einerselbstkonstruierten Proportionalanlage nach dem System „Galloping Ghost“ ausgerüstet, wäre wirklich mehr zu wünschen gewesen als den Sturz, den es 1 Minute nach dem Abheben vollführte. Der Flug wurde als „Versuch“ registriert, aber das Modell war beschädigt, und da Stephansen kein Ersatzmodell dabei hatte, zog er vor, auszuscheiden. Der Schweizer Andre Mattey, der daraufhin startete, benutzte in seinem mit einem O.S. 49 ausgerüsteten „Orion“ von den zehn vorhandenen Kanälen seiner F & M-Anlage offensichtlich nur acht; da er nicht trimmen konnte, hatte er es schwer, das Modell im Rückenflug zu halten und errang 678,3 Punkte.

Zwei herrliche Flüge zeigten dann der Engländer Brooks und der Deutsche Bosch. Brooks‘ Modell, mit einem abgeänderten McCoy 60 ausgerüstet, der hervorragend den ganzen Wettbewerb durchstand, zeigte besonders gute Rückenflugeigenschaften und stand vorzüglich in der vertikalen Acht.

Fritz Bosch zeigte mit seinem Modell, ausgerüstet mit Super-Tigre 56, ebenfalls einen äußerst eindrucksvollen Flug. Seine Fliegerei war bemerkenswert gleichmäßig, seine Kondition ausgeglichen, so daß seine beste und seine schlechteste Punktzahl bei den einzelnen Durchgängen sich nur um 67 Punkte voneinander unterscheiden. Mit 1423,6 Punkten von Brooks und 1264,3 Punkten von Bosch rückte Brooks an erste Stelle.

Nur der Südafrikaner Malherbe kam während dieses Morgens ebenfalls über 1000 Punkte. Mit dem Orbit Hersteller Bob Dunham als Assistent flog Malherbe einen Veco 45 in seinem Modell „Stormer“. Malherbe, der einer der Pioniere des RC-Fluges in Südafrika ist, zeigte einen sauberen Flug, der 1108 Punkte erhielt.

Am Nachmittag ging der Russe Velichkovski mit seinem Ersatzmodell, ausgerüstet mit Super-Tigre G. 21/35 und anderer Ausstattung, das ihm mit 274 Punkten ein besseres Ergebnis als sein erster Flug brachte, an den Start. Velichkovski benutzte eine selbstkonstruierte 10-Kanal-Anlage während sein Mannschaftskamerad Arler mit. einer abgeänderten russischen Anlage RUM/1 und pneumatischen Servos flog. Beide hatten mit verschiedenen technischen Schwierigkeiten zu kämpfen und waren dadurch sehr benachteiligt gegenüber der Mehrzahl der anderen Wettbewerbsteilnehmer. Es ist bedauerlich, daß solche Unterschiede in der technischen Ausrüstung die persönlichen Fähigkeiten einzelner Teilnehmer nicht zur Geltung kommen lassen.

Alfred Bickels nächster Flug mit Ersatzmodell eingebauter 8-Kanalanlage, pneumatischen Servos über eine eigenkonstruierte Vakuumpumpe am K & B 45, brachte ihm 615,3 Punkte, erflogen ohne Höhenrudertrimmung. Der Engländer Olsen, der weiter an seinem Hochdecker „Uproar“ festhält, ausgerüstet mit Merco 49, flog gut, verbesserte sich aber nur um einen Punkt.

Beim nächsten Flug von Hans Gast gabs nach einem erfolgversprechenden Start einen Schlag, worauf Gasts Modell mit frei „windmühlendem“ Propeller landete. Zuerst vermutete man Kurbelwellenbruch, dann zeigte sich aber an dem K & B 45, dass das diesem Motor eigene rückwärtige Ausgleichsschwunggewicht gebrochen war und vermutlich den Motor durch eine Verklemmung schlagartig abstoppte, so dass sich der Propeller losdrehte. Mit 451 Punkten waren damit Gasts Aussichten begraben, denn es bestand keine Hoffnung mehr, dass er zur Spitzengruppe aufholen konnte, so gut auch sein Flug im letzten Durchgang sein möge.

Der Wettbewerb schleppte sich dann für Stunden etwas dahin; lediglich der Japaner Kato kam mit seinem Modell, ausgerüstet mit K & B- und O.S.-Anlage über 1000 Punkte. Aber die Spannung stieg, als dann Don Brown, amerikanischer Spitzenmann aus dem ersten Durchgang, wieder an den Start kam.

Mit dem Steuerknüppel an seiner neuen Quadruplex-Proportional-Anlage zog Brown sein Modell nach Fahrplan mit imponierender Eleganz durch die Figuren, so daß man ein Minimum von 1400 Punkten erwartete —bis plötzlich vier Figuren vor dem Programmende sein Merco 49 über Luftblasen im Kraftstoffschlauch stolperte und an Spritmangel starb: 1281,6 Punkte.

Nach dieser Sensation hob Sauthier mit einem Flug von 1047 Punkten die Platzierung der Schweizer Mannschaft wieder beträchtlich an, aber kaum jemand achtete darauf, da außerdem noch bekannt wurde, daß Vati den Bergh sein am Vortage zerschmettertes Modell tatsächlich wieder zusammengekleistert habe und an den Start gehe.
Wie zur Belohnung für die unglückliche Erdölbohrung am Vortage zog Van den Bergh’s Modell mit Merco 49 und Orbit los, hob ab und zeigte sich geneigt, ohne Schwierigkeiten über die Runden zu gehen.

Aber dann begann der Motor hörbar nachzulassen, die Engländer hielten den Atem an und fieberten bei jeder Figur, ob der Vogel noch durchkomme. Und wiederum beim Trudeln, der 16. Figur, passierte es, der Merco starb, das Modell kippte ab, schoß gegen den Boden. Trostpreis: Schaden nicht ganz so groß wie am Vortrag und 1177,6 Punkte.

Van Bergh konnte sich wenigstens damit trösten, daß er nicht nachgegeben hatte und die Engländer deshalb dennoch als Mannschaft en der Spitze blieben.

Die drei letzten Flüge des Durchgangs: Teuwen, mit 1010 Punkten der belgische Spitzenführer, mußte zusehen, wie sein K & B 45 bei einer Rolle starb. Rasch reagierend gelang es ihm aber, sein Modell dennoch in den 50-Meterkreis zu setzen und 806,3 Punkte zu ergattern. Der Italiener Miliani erflog 585 Punkte. Zum Schluß folgte Sämann, der seinen Start wegen Schwierigkeiten am Empfänger bis zum Schluss verschoben hatte.

Es war ein Genuß, Gustavs schlankes, flüssig fliegendes Modell zu beobachten. Er hatte alle Chancen, für seine Enttäuschung beim ersten Flug belohnt zu werden; aber jetzt zum 4. Mal bei 6 Flügen ruinierte ein sterbendes Triebwerk die Chancen eines Wettbewerbsteilnehmers. Sämann wollte gerade zum Trudeln ansetzen, als das, was ein Flug mit Spitzenbewertung zu versprechen begann, mit 1126 Pkt. endete.

So stand es also zu Beginn des letzten Flugtages und Durchgangs, der jedem Wettbewerbsteilnehmer auch die letzte Chance bot, seine niederste Bewertung durch eine bessere zu ersetzen. Der erste, der dies ausnützte, war der Amerikaner Robinson, der mit 1243 Punkten fast 600 Punkte mehr erreichte als bei seinem ersten Flug. Das Wetter war jetzt ausgezeichnet, ein klarer sonniger Morgen mit einer leichten Brise.

Unter diesen nahezu idealen Bedingungen zog der bisherige Spitzenreiter, Brooks, sein Modell sicher durch die Flugfiguren, ohne die volle Leistung seines zuverlässigen McCoy 60 voll auszunutzen.

Aus ausgezeichneten Ausgangsposition fährt er in geringer Höhe sein Modell vor der Jury aufwärts und abwärts über die Szene. Seine Loopings waren rund, seine Achten, Rollen, Trudelfiguren und sein Rückenflug vollendet.

Die offizielle Punktmitteilung wäre nicht notwendig gewesen, um zu wissen, daß dies bis dahin der beste Flug gewesen war; der britische Radioflieger, bis dahin stillschweigend allgemein als das „Schlußlicht“ der britischen Mannschaft betrachtet worden war, hatte die Weltmeisterschaft fast in der Tasche.

Für Fritz Bosch war es sicherlich ein psychologisches Handicap, als nächster direkt nach diesem ausgezeichneten Flug starten zu müssen.

Er ließ sich aber nicht beeindrucken und erflog ruhig und sicher mit 1292 Punkten die höchste Wertung der deutschen Mannschaft, ein Ergebnis, das er sicherlich voll verdient hat. Persönlich denke ich und andere, daß ihm noch mehr zugestanden hätte. Brooks Flugergebnis wurde zwischendurch mit 1507,6 Punkten bekanntgegeben.

Die Flüge von Robinson, Brooks und Bosch hatten die Position der Amerikaner, Engländer und Deutschen Mannschaften am Kopf der Rangliste gestärkt. Nachher aber gelang es vielen anderen Teilnehmern nicht, ihre Flugergebnisse hei den vorhergehenden Durchgängen erwähnenswert. zu verbessern.

Arler, Sowjetunion, addierte 189,6 Punkte zu meinen 402,3 Punkten aus dem ersten Durchgang. Bellochio, Italien, erflog sich nach einem guten Start 900 Punkte. Oki aus Japan hatte wiederum Triebwerksausfall, diesmal schon nach der Hälfte des Flugs. Malherbe, Südafrika, verbesserte auf 1185 um 126,7 Punkte, während der Schwede Eliasson seine attraktive „Mustfire“ mit Merco nach einem Gewinn von über 400 Punkten bei einem Flugergebnis von 1016,3 Punkten aufsetzte.

Größte Erwartungen bei den rund 5000 Zuschauern wie allen am Wettbewerb Beteiligten erweckte wieder der Start von Dan Brown aus Amerika. Es schien fast unmöglich, daß Brown Brooks Gesamtwertung übertreffen könne; dazu hätte er 1628 Punkte gewinnen müssen, aber jedermann erwartete zumindest einen außergewöhnlich guten Flug.

Brown startete rasch; offensichtlich war er sich der Gefahr bewußt, daß sein Merco vor Durchfliegen aller Figuren den Tank leertrinken könne, und bemühte sich, so schnell wie möglich durch die Figuren zu kommen. Der Merco heulte freudig, offensichtlich durch eine knappe Vergasereinstellung ebenfalls im Interesse des Spritsparens. Aber die Rechnung ging nicht auf: Nach sauberstem Durchfliegen der Hälfte der Figuren soff der Merco ab, starb und damit. auch Brown’s Chance auf einen individuellen Erfolg.

Am Nachmittag erschien Van der Bergh wieder mit dem zum zweitenmal reparierten Modell; viele fragten sich, ob es ihm jetzt endlich gelinge, es endgültig kaputt zu schlagen. Aber der Vogel erfüllte diese Erwartung nicht, benahm sich im Gegenteil höchst folgsam; nach der Landung steuerte ihn Van den Bergh mit gedrosseltem Motor zurück bis zur Transportkiste am Rande des Flugfelds. Unter Beifall der Zuschauer. Mit 1451 Punkten erhielt er die his dahin zweitbeste Bewer-ling eines Einzelfluges. Wer fragt schon nach einem kaputten Modell? Nur Weiterfliegen gilt.

Anschließend erflog Hans Gast mit 1927 Punkten mit einem guten Flug für die deutsche Mannschaft die Gewißheit, daß sie endgültig den dritten Platz errungen hatte, nach England und Amerika. In der Einzelbewertung lagen Brooks, England, und Van den Bergh, England, an der Spitze, gefolgt von Brett, USA, und 13rown, USA, sowie Olsen, England. Brett und Olsen hatten jedoch den letzten Flug noch vor sich und konnten dadurch die Rangordnung durchaus noch verändern. Dies geschah dann auch, aber auf sehr dramatische Weise.

Mit Tom Brett hatten die Amerikaner das letzte Eisen im Feuer. Es erschien aber äußerst unwahrscheinlich, dass Brett die notwendigen 1535,2 Punkte erfliegen könne um Brooks zu übertreffen, da der Wind aufgefrischt hatte und es erschwerte wirklich flüssige und präzise Figuren zu fliegen.‘ Nun, um es kurz zu machen; Nach einem hervorragenden Flug von Brett rechneten die Jurymitglieder einen Durchschnitt von 1537 Punkten zusammen.

Der FAI-Jury war es aber bei diesem Abstand von 1,8 Punkten nicht recht wohl und sie erklärte deshalb, daß zwischen Brett Lind Brooks ein Stechen entscheiden müsse, sofern nicht ein anderer Teilnehmer ein noch höheres Ergebnis erziele. Diese Bemerkung betraf praktisch nur Olsen, für den es aber unmöglich war, über 1650 Punkte zu gewinnen, um Brett und Brooks zu übertreffen.

Dennoch versuchte er es ernsthaft und erreichte mit 1469 Punkten das drittbeste Einzelergebnis. Außerdem schob er sich dabei in die dritte Position hinter den beiden führenden Teilnehmern. So kams dann also zum Stechen.

Brooks flog zuerst, startete gut, fiel aber in den Loopings leicht ab und verlor auch Höhe bei seinen Rollen. Sein Rückenflug war gut, auch seine stehende Acht. Er setzte außerhalb des Zielkreises auf. Brett war besser als Brooks bei den Loopings und den Rollen. Auch er flog nicht ganz fehlerfrei, aber die meisten seiner Figuren waren einwandfrei und er landete im Zielkreis. Endergebnis: Brett 1470,6, Brooks 1288,3.

So endete die zweite Weltmeisterschaft für Radio-Flugmodelle. Später gab’s ein Bankett mit Preisverteilung, Reden von Vizeluftmarschall Checksfield, RAF, Hans Justus Meier von der • FAI, dem Vorsitzenden der S.M.A.E., A. F. Houlberg, und eine besonders unterhaltende Rede von dem Pionier des Radiomodellflugs, Dr. Walter Good. Dem Sieger Tom Brett konnte man aber den Pokal des belgischen Königs nicht aushändigen, da dieser in den USA nicht zeitig genug auf’s Postamt gebracht worden war (der Pokal, nicht der König).

Die Model Aeronautical Press Ltd. (Aero-modeller) stiftete einen neuen Mannschaftspokal, die Castrol-Oil-Company Ldt. Sprit und Tanks für alle Mannschaften. Walt Good überreichte aber Frank Van den Bergh eine ganz besondere Auszeichnung — nämlich eine Mitgliedsurkunde des „Down Elevator-Club“ des „Tiefenruder-Vereins“, und die hat Van den Bergh ja auch wirklich verdient —weil er nämlich trotzdem flog!

Kenley Technik
us England kommen jetzt die ersten Berichte über die technische Auswertung der Radioflug-Weltmeisterschaft in Kenley im August, gerade so rechtzeitig, daß sie wenigstens noch zum Teil für dieses Heft verwertet werden konnten.
So interessant große Wettbewerbe für die Teilnehmer und die Zuschauer auch sind — für die Masse der Modellbauer und den Modellbau ganz allgemein ist sehr viel wichtiger, welche technischen Mittel angewendet wurden und welche Entwicklung sich zeigt. Neben dem Vergleich der persönlichen Leistung ist solch eine internationale Veranstaltung auch ein einmaliger Leistungsvergleich zwischen den verschiedenen technischen Mitteln, die in aller Welt angewendet werden, um zu immer besseren Leistungen zu kommen.
Bei der Untersuchung der technischen Einzelheiten geht es aber nicht mehr um Punkte; die werden sogar ganz unwichtig. Eine musterhaft ausgelegte Fernsteuer-anlage z. B. wird nicht dadurch wertloser, daß ihr Benutzer Motorschwierigkeiten hat und deshalb nur wenige Punkte ergattert. Ein vorzüglich laufender Motor wird nicht schlechter, weil der erregte Pilot die Rückenflugtrimmung nicht richtig bedient.
Für die technische Bewertung gelten andere Gesichtspunkte als für die Leistung bei einem Wettbewerb im Einzelnen.
Text: Peter Chinn
Fotos: Urs Leodolter, Willi Streil, Günter Hoppe, Graham Saw