Chocal-Bauer Modellbau brachte zur Spielwarenmesse 1979 ein neues Kunstflugmodell auf den Markt.
Leopard -Der Entwurf stammt von meinem alten Freund Rolf Schuler. Er flog dieses Flugzeug zunehmend in F3A-Wettbewerben in Südeuropa. Er arbeitete eng mit der Firma Bauer Modellbau, später bekannt als Chocal, zusammen.
Testbericht von 1979: Es gibt Leute, die behaupten, die heutigen RC-I-Modelle gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Prinzipiell mag das ja stimmen, aber als ich auf der diesjährigen Nürnberger Messe am Stand der Fa. Bauer Chocal / Schwäbisch Gmünd den „Leopard“ mit eingezogenem Fahrwerk an der Decke hängen sah, begeisterte mich die elegante Linienführung dieses Modells. Der lange, schlanke Rumpf hebt den Leopard deutlich von den heute üblichen RC-I-Modellen ab. Das Höhenleitwerk mit negativer V-Form verleiht diesem geradezu „rassig“ aussehenden Modell sozusagen den totalen „Jet-Look“.
In einem riesigen Karton, welcher mit viel Schaumgummi ausgepolstert war, bekam ich mein Exemplar des „Leo“ und packte voll Ungeduld die Einzelteile aus. Zwei sauber gearbeitete Flächen- und Leitwerkshälften, an welche noch Nasen-, Querruderabschlußleiste und die Randbogen anzuleimen waren, der Rumpf, sowie eine Sperrholzplatte mit den aufgedruckten Spanten und ein kleiner Bauplan nebst ausführlicher Baubeschreibung kamen zum Vorschein.
Der sauber gearbeitete Epoxy-Rumpf brachte es ohne die Motorträgereinheit auf 430 g und beide Höhenleitwerk-Hälften wogen 60 g. Bis hierher war also alles bestens, etwas verwundert war ich allerdings über die Härte und das Gewicht der Vierkanthölzer für Nasenleisten und Randbogen, sowie der Endleisten-Querruder, letztere brachten sage und schreibe 98 g auf die Briefwaage.
Hält man sich an die gut geschriebene Bauanleitung, geht der Bau schnell von statten, auf Grund des vorhandenen Platzes ging es bei mir besonders schnell. Den größten Arbeitsaufwand erforderte das Hobeln und Schleifen der Flächen und Leitwerke, um die Randbogen und Nasenleisten zu bearbeiten. Das harte Holz setzte mir zähen Widerstand entgegen, und nachdem dieser Arbeitsgang zu meiner Zufriedenheit beendet war, stand ich so zusagen knöcheltief „im Schweiße meiner Füße“ inmitten von Hobelspänen.
In den Leopard sollte selbstverständlich ein Einziehfahrwerk eingebaut werden. Nachdem ich mich jahrelang mit mechanischen Fahrwerken aller Art beschäftigt hatte, entschied ich mich für das amerikanische Rhom-Air Fahrwerk. Der Einbau in das Modell bereitet keine Schwierigkeiten, nur sollte abweichend von der Bauanleitung wie folgt verfahren werden. Anstatt der üblichen 2 Vierkantleisten aus Hartholz verwende ich zusätzlich eine Halbrippe. Eine Fahrwerksbefestigung, die ausschließlich aus zwei Leisten besteht, ist auf die Dauer dem harten Flugbetrieb nicht gewachsen, da die beiden Leisten ja nur in Styropor eingeharzt sind und dann gerne lose werden.
Etwas Kopfzerbrechen bereitete der Einbau des Höhenleitwerks, da der schlanke, ovale Rumpf wegen zu geringer Seitenflächen nicht in eine Helling gestellt werden konnte und der Vorschlag laut Bauanleitung, die Flächen am Rumpf festzuschrauben und danach das Leitwerk auszurichten, auch nicht meinen Vorstellungen entsprach. So verfiel ich auf den im Foto zu sehenden Trick. Auf ein Baubrett zeichnete ich eine Mittellinie, stellte einen Balsaklotz samt Rumpf darauf und spannte mit zwei Schraubzwingen 2 absolut gleich- starke Balsaleisten am Rand des Baubrettes fest. Das Leitwerk wurde eingeschoben, vermessen, mit zwei Bleigewichten beschwert und nach nochmaligem Nachmessen eingeharzt.
Es hat sich heute allgemein durchgesetzt, die Höhenruderblätter getrennt anzulenken, was zweifellos den Vorteil hat, dieselben getrennt einstellen zu können. Diese Art der Anlenkung bringt aber auch Probleme mit sich, da die beiden Ruderhörner exakt an der gleichen Stelle sitzen müssen, sonst erhält man differenzierte Ausschläge.
Des weiteren benötigt man die Schubstange zur Anlenkung, was mir bei dem langen Rumpf nicht ideal erschien, da eine Lagerung der Schubstange in Rumpfmitte nur unter Schwierigkeiten zu bewerkstelligen war. Was die Anlenkungen betrifft, bin ich äußerst penibel und habe mir da etwas einfallen lassen.
Anstelle der Schubstange habe ich zwei Bowdenzugrohre eingeklebt, welche, nachdem die hintere Klebestelle getrocknet war, mit Hilfe eines Gummis gespannt wurden und zusammen auf dem quer im Rumpf liegenden Auflagebrett festgeharzt wurden. Nachdem das Ganze gut ausgehärtet war, schob ich zwei 1,5 mm Federstahldrähte in die Bowdenzughüllen, kröpfte den einen so ab, daß er sauber an dem anderen anlag, schob ein Stück Messingrohr darüber und verlötete alles miteinander samt dazugehörigem Gabelkopf. Achtung! Sauber löten, sonst haben Sie einen perfekten Absturz eingebaut. Das Seitenruder wurde mit einem handelsüblichen Bowdenzug angelenkt.
Nachdem das Modell rohbaufertig war, konnte es ans Bespannen und Lackieren gehen. In dieser Beziehung hat wohl jeder seine eigenen Vorstellungen, ich persönlich finde, daß ein Motormodell eine Kunstharzlackierung haben sollte, und deshalb wurde mein Leopard gespritzt. Der Einbau der RC-Anlage mit immerhin 6 Servos, davon 5 im Rumpf, muß sorgfältig geplant werden, sonst bekommt man Platzschwierigkeiten, zumal der Druckbehälter für das pneumatische Fahrwerk und das Steuerventil in dem schmalen Rumpf untergebracht werden müssen.
Also kann es ja losgehen, der eingebaute Rossi .60 FI gibt sein kerniges Röhren von sich und wird am Boden per Hand auf Höchstdrehzahl einreguliert, welche über RC-Düsennadelverstellung im Fluge beliebig korrigiert werden kann. Mein Helfer, Peter Erang, stellt den Leopard auf die Piste, ich bestätige nochmals alle Ruder und gebe Vollgas. Mit enormer Geschwindigkeit kommt der Rand der leider nur 25 m langen Asphaltbahn näher und durch leichtes Ziehen am Höhenruderknüppel steigt das Modell in den blauen Himmel. Durch eine Thermikblase bin ich gezwungen, mit dem Querruder die Flugbahn zu korrigieren und bekomme sofort die brutale Reaktion auf diesen kleinen Knüppelausschlag zu spüren.
Die Ruderausschläge werden verstellt, vollgetankt und auf ein Neues zieht der „Leo“ am heute ausnahmsweise mal blauen Himmel seine Bahn. Das Höhenruder ist jetzt ok, das Querruder immer noch etwas giftig, das wird aber im Moment so belassen, und ich fange an, Rollen zu fliegen. Die Flugeigenschaften erstaunen mich immer mehr, es ist unwahrscheinlich, wie mit einem so enorm schlanken Rumpf derart saubere Rollen „gezaubert“ werden können, vor allem die 4-Zeitenrolle ist ein Genuß, es muß in der Messerfluglage nur ganz wenig mit dem Seitenruder unterstützt werden. Anscheinend stimmt an dieser Maschine die Massenverteilung bis auf den Millimeter. In den Loopings bricht der Leopard nach rechts aus und hier muß nun etwas getrimmt werden, notfallsdie Höhenruderblätter leicht nach links verstellen, das Austrimmen eines RC-I-Modelles ist sowieso ein Kapitel für sich.
Mit dem Leopard erhält der geübte Modellpilot ein rassiges und vor allen Dingen sehr schnelles Modell, welches wie „ein Brett“ in der Luft liegt und mit dem einfach alles, was nur denkbar ist, geflogen werden kann. Zweifellos wurde diese Maschine von vornherein für den Wettbewerbseinsatz konzipiert und stellt mit ihrem Jet-ähnlichen Aussehen eine zumindest optisch recht gute Alternative zu den heute üblichen RC-I-Modellen dar. Der Bausatz entspricht dem heute üblichen Standard, leider ist der Preis nicht gerade niedrig, zumal Kleinteile wie Querruderanlenkung, Ruderhörner, Bowdenzüge usw. gesondert dazugekauft werden müssen. Bei meinem Exemplar war das Holz für Randbogen und Nasenleisten unverschämt hart und schwer, möglicherweise handelt es sich hier aber um einen Einzelfall. Binnen einer Woche war das Modell rohbaufertig, ohne daß eine „Nachtschicht“ eingelegt werden mußte, oder die „gute Fee“ des Hauses einen Aufstand machte.
Technische Daten:
Spannweite: 1,6 Meter
Rumpflänge: 1,44 Meter
Fluggewicht 3,4 kg (ich glaube mehr)
Motor: 10ccm
Text: Ralph Müller
Fotos: Burkhard Erdlenbruch