Hier berichten wir über die F3A Weltmeisterschaft in Acapulco, Mexiko. Danke an Phil Stevens und Gerard Werion für die tollen Fotos. Erst durch diese Fotos bekommt so ein Bericht Leben eingehaucht. Ewig hatte ich nach Fotos gesucht.
Acapulco das hört sich so groß, so irgendwie nach Superlative an. Alle, die zumindest während dieser WM dort anwesend waren, dürften mit mir einig gehen, daß „Acaputto“ wohl richtiger wäre.
Aber warum vorgreifen, fangen wir doch dort an, wo für uns alles begann, nämlich auf dem Frankfurter Flughafen am 16. September 1981 gegen 9.40 Uhr, als der Jumbo-Jet abhob. Nach zehnstündigem Flug wird in Dallas zwischengelandet, und von dort aus geht es weiter nach Mexiko-City.
Die Abfertigung durch die Behörden geht sehr schleppend, und wir stehen in dem niedrigen und sehr schwülen Raum eng beieinander. Endlich geht es dann mit der mexikanischen Fluggesellschaft Aero-Mexico weiter nach Acapulco.
Die Lufttemperatur von ca. 28° und die enorme Luftfeuchtigkeit machen sich bemerkbar. Die Taxifahrt vom Flugplatz zum Hotel ist ein Erlebnis, in einem abenteuerlichen Gefährt mit einem ebenso abenteuerlich aussehenden Fahrer sind wir über eine halbe Stunde unterwegs.
Im Hotel sind wir nicht angemeldet. Nach längerem Hin und Her bekommen wir dann doch endlich ein Zimmer und fallen todmüde sogleich ins Bett.
Die Zimmer der Hotels sind alle recht kühl und angenehm, da mit Klimaanlage ausgerüstet. Nachts um zwei Uhr ist es aber mit unserem Schlaf bereits wieder vorbei. Ein ordentliches Erdbeben schüttelt das neunzehnstöckige Hotel ganz gehörig durch.
Am nächsten Morgen gehe ich in das offizielle Büro des Veranstalters und lasse mir die WM-Unterlagen geben. Die ganze Ausschreibung ist in Spanisch gehalten und nützt mir gar nichts. Ich halte mich deshalb an die offiziellen aushängenden Listen, welche in Englisch geschrieben sind.
Auf dem Flugplatz angekommen, stellen wir fest, dass sehr fleißig trainiert wird. Wegen der fehlenden Frequenzkontrolle sind leider einige Abstürze bereits vor Eröffnung dieser WM zu verzeichnen. Rene Schuhmacher (CH) fliegt auf 72 MHz, ist aber auf der Piste für 50 MHz eingeteilt.
Das geht natürlich nicht, weil auf der anderen Piste alle Teilnehmer auf dieser Frequenz fliegen.
Der mexikanische „Pistenchef“ hat keinen Durchblick, Rene sitzt von morgens sieben Uhr in der Hitze, bis er endlich nach 13.00 Uhr einen Flug machen darf.
Ken Binks aus England zeigt einen ganz passablen Flug, die drei gestoßenen Loopings mit halben Rollen versetzen zwar etwas, da der Engländer schräg einfliegt.
Binks fliegt ein Modell mit sehr hohem Rumpf und extrem hohen Seitenleitwerken. Das Modell hat einen schnellen und ruhigen Flugstil.
Und nun der amtierende Weltmeister Wolfgang Matt aus Liechtenstein. Wie immer ruhig und gelassen geht er an den Start, wirft seinen Motor mit der Hand an, dieser kommt sofort auf den ersten Schlag.
Der Liechtensteiner legt einen sagenhaften Start hin und bekommt dafür leider keine Punkte, da nach der neuen Ausschreibung Start und Landung ja nicht mehr gewertet werden.
Schade, dass die FAI sich zu dieser Regelung entschlossen hat, ein schöner Start bzw. eine Landung gehören ja genauso zum Fliegen wie die Figuren selbst. Wolfgang Matt fliegt sehr exakt.
Immer der gleiche Abstand zu den Punktrichtern, immer die gleiche Anflughöhe, alles äußerst genau.
Dieser Flug bringt 1330 Punkte. Rene Schuhmacher aus der Schweiz mit seinem hervorragend gebauten ARROW fliegt tiefer als Matt und auch etwas näher an die Punktrichter.
Auch hier wieder bildschöner Start, insgesamt gesehen sauberer Flug, der Schweizer hat anscheinend noch nicht die ideale Höhe und Distanz zu den Punktrichtern gefunden.
Die Figuren sind sauber platziert, lediglich im Viereck-Rollenlooping wird der Motor gegen Ende des Steigfluges etwas mager und verliert an Leistung.
Die Rollen sind wie auf der Schnur gezogen.
Für dieselbe Figur wohlgemerkt. Ich pendle ständig zwischen den beiden Pisten hin und her, verpasse aber trotzdem den Flug von Dave Brown, was mich sehr ärgert, der Amerikaner muss Enormes zeigen, was sich in 1368 Punkten ausdrückt.
Stand nach dem ersten Durchgang Die beiden Deutschen Bertram Lossen und Werner Schweiker liegen auf dem zehnten bzw. dreizehnten Platz.
Zweiter Durchgang
Jetzt verändert sich das Bild. Wolfgang Matt fliegt einen Durchgang, der ihm 1403 Punkte bringt und setzt sich damit vor Prettner an die Spitze des Feldes.
Dave Brown rutscht auf Platz 3 ab, ein völlig verpatzter Dreieck-Rollenlooping bewirkt dies. Man kann sich bei einer WM wirklich keinen groben Schnitzer leisten, das kostet gleich einige Plätze.
Ivan Kristensen rutscht auf Platz elf ab, und Werner Schweiker arbeitet sich mit einem guten Flug auf den zehnten Platz vor.
Günter Hoppe arbeitet sich vor-übergehend auf Platz vier vor.
Bertram Lossen legt einen sauberen Flug hin, 1308 Punkte, das ist Platz vier, Hoppe rutscht dadurch auf Rang fünf ab.
Bruno Giezendanner fliegt ebenfalls in diesem Durchgang ganz ausgezeichnet und kommt auf Rang sechs.
Dritter Durchgang
Dieser Durchgang stellt alles auf den Kopf: Wolfgang Matt hat nach der zweiten Figur einen Motorabsteller, was natürlich ein Streichresultat bedeutet.
Dave Brown stellt nach dem Start fest, dass sein Querruderservo nicht so recht will, der Amerikaner bricht den Flug ab.
Better no points than a crashed model — besser keine Punkte als ein kaputtes Modell — meint er.
Der verkorkste Triangel im zweiten Durchgang dürfte ebenfalls an dem defekten Servo gelegen haben.
Bertram Lossen fliegt wie gewohnt sehr exakt und weich, nur in den Rollen muss er etwas viel Seitenruder geben, damit das Modell keine Höhe verliert. Dieser Flug bringt 1309 Punkte.
Werner Schweiker mit seinem Modell Ceres, 1212 Punkte sind allerdings enttäuschend.
Wir sind trotzdem optimistisch, morgen schlägt der Werner kräftig zu (auf der anderen Piste wird höher gewertet), und die Chance, alle drei deutschen Teilnehmer ins Fly-off zu bringen, besteht somit noch.
Hanno Prettner fliegt kurz vor Beendigung dieses Durchgangs und zeigt Grandioses.
Der Klagenfurter hat seinen Kato-Verstellpropeller absolut im Griff, der Umkehrschub ermöglicht einen Constant-Speed-Flugstil.
Dies war der beste Flug dieser WM bisher.
Vierter Durchgang
Dasselbe Bild, nur diesmal ohne technische Probleme der führenden Piloten.
Hanno Prettner baut mit einem Flug, der 1410 Punkte bringt, seine Führung weiter aus, Dave Brown erfliegt 1420 Punkte und setzt sich damit endgültig vor Wolfgang Matt.
Werner Schweiker fliegt sehr gut, mit Sicherheit sein bisher bester Durchgang.
Für einen WM-Neuling ist es eine beachtenswerte Leistung, gleich auf Platz elf einer Weltmeisterschaft zu kommen.
Fly-off
Die sechs Erstplatzierten haben nun zwei Durchgänge Fly-off vor acht Punktrichtern zu fliegen.
Zur „Kontrolle“ der Punktrichter hat der Veranstalter acht Piloten, die das Fly-off nicht erreicht haben, hinter diese gesetzt.
Diese acht Piloten punkten ebenfalls, aber „außer Konkurrenz“.
Die Startreihenfolge wird neu ausgelost, und die beiden Deutschen Hoppe und Lossen müssen als erste starten.
Dass alle sechs Piloten dieses Fly-offs natürlich exzellente Modellflieger sind, ist klar, aber was Bertram Lossen zeigt, ist grandios.
Der erst neunzehnjährige Deutsche legt einen Flug hin, der 2911 Punkte bringt.
Dies wird von keinem anderen Piloten erreicht. Lossen hat in diesem Fly-off Prettner geschlagen. Aber was nützt es, der Österreicher hat aus den beiden gewerteten Durchgängen zu viele Punkte mitgenommen, als dass er noch eingeholt werden könnte.
In diesem Fly-off geht es praktisch nur noch um Rang drei. Lossen trennen nach dem ersten Flug lediglich zwei winzige Punkte von Wolfgang Matt.
Dave Brown setzt sich auf den zweiten Rang, und alles wartet gespannt auf die zweite Runde. Günter Hoppe hatte im ersten Finalflug ein verhauenes M (der SULTAN kippte im Turn um) und muss, will er Marc Radcliff schlagen, jetzt alles geben.
Dies tut er auch, es reicht leider trotzdem nicht. Rang sechs für Hoppe. Die intensive Sonneneinstrahlung und die zerrissene Bewölkung er-schweren die Sicht und somit die Flugmanöver, insbesondere bei Aufwärtsfiguren erheblich.
Hanno Prettner hatte im ersten Fly-off-Flug 2893 Punkte erhalten und ist somit bereits jetzt Weltmeister. Bertram Lossen benötigt die besagten zwei Punkte, um auf Rang drei und zu einer Bronzemedaille zu kommen.
Im zweiten Durchgang fliegen fast alle Piloten ihre Streichwertung. Anders Bertram, konzentriert und doch scheinbar mühelos fliegt er sein Programm. Wir warten alle auf das Ergebnis, ein Schrei geht durch die Menge.
2911 Punkte, dasselbe Resultat wie im ersten Durchgang. Nun gut, diesmal hat es noch nicht gereicht, aber die Modellfliegerwelt ist auf ein großes und vor allem junges Talent aus Deutschland aufmerksam geworden.
Außerdem ist das meines Wissens ein Novum, sozusagen von Null auf Platz vier einer WM zu fliegen. Alle drei deutschen Teilnehmer sind unter den ersten elf dieser Weltmeisterschaft.
Mannschaftsführer Ernst Peter Kattelmann kann zufrieden sein. Die Deutschen haben ihre guten Resultate aus den vergangenen Jahren wiederholt und hier in Mexiko die Silbermedaille in der WM-Mannschaftswertung gewonnen.
Technische Neuerungen gab es wie vor zwei Jahren auch diesmal kaum. Alle Modelle waren mit Einziehfahrwerk und Resonanzrohr ausgerüstet, die meisten hatten das Rohr integriert.
Einige Teilnehmer verwendeten Verstellpropeller, Prettner und zwei der Japaner einen solchen, der auf Umkehrschub arbeitet,
Dave Brown setzte seine alte TIPORARE ein. Das Modell ist eine modifizierte CITRARE, hat das Resonanzrohr in herkömmlicher Weise unter der Fläche montiert und nicht einmal eine RC-Gemischverstellung.
Sehenswert war die Landemethode der Japaner. Ihre Modelle kamen in relativ großer Höhe und mit viel Fahrt herein. Dann wird auf Umkehrschub geschaltet, das Modell wird schlagartig langsam, geht in einen Sackflug über, um dann butterweich aufzusetzen.
Bankett und Siegerehrung
Bereits auf dem Fluggelände fand eine provisorische Siegerehrung statt, das Ganze sollte dann in richtigem Rahmen abends zusammen mit dem Abschlussbankett vor sich gehen.
Dieses Bankett war vom Veranstalter groß angekündigt, was wir ‚dann (ca. 100 DM pro Person, im Voraus zu entrichten) bekamen, spottet jeder Kritik. Als erstes stellte man uns eine Flasche Brandy, drei kleine Flaschen Cola und drei kleine Mineralwasser auf den Tisch, das alles für zehn Personen. Die Sieger werden geehrt, wir bekommen endlich das „Dinner“ serviert. Was da allerdings auf dem Teller ist, bekommt man bei uns an jeder Pommes-Frittes-Bude für 3,50 DM.
Wir harren der Dinge, die da noch kommen sollen, werden zu den Klängen einer mexikanischen Kapelle aber zum Saal hinauskomplimentiert. Wir sollen alle zum Strand hinunter, die Gründe würde man uns später nennen.
Am Strand, hinter dem Hotel, brennen gerade die Reste des Feuerwerkes ab, als das Gerücht durchdringt, es sei eine Bombendrohung ausgesprochen worden. Der Veranstalter bleibt auch bei dieser Version, obwohl ca. eine Stunde nach diesem Vorkommnis das Hotel weder geräumt noch Anstalten hierzu getroffen werden. In der Bar spielt lustig die Kapelle, und wir haben alle das Gefühl, dass man uns ganz gehörig geneppt hat. Nun gut, auch diese WM ist über die Bühne gegangen, mehr schlecht als recht.
Wir haben eine Unmenge Geld (über 1300 DM pro Person) für diese fünf Tage Weltmeisterschaft ausgegeben und keinerlei entsprechende Gegenleistung erhalten, denn auch das Essen im Hotel hatte bestenfalls Imbißbudenniveau.
Sandy Pimenoff, der Präsident der FAI, weilte selbst in Acapulco und konnte sich von den Missständen überzeugen. Der exotische Herrgottswinkel Acapulco war der denkbar ungeeignetste Flecken Erde für eine derartige Veranstaltung.
Ereignisse am Rande
Der französische WM-Debütant Main Kirrman will sein Modell in dem Bus, der den Teilnehmern für den Transport vom Hotel zum Flugplatz und zurück zur Verfügung steht, verstauen.
Während des zweistündigen Wartens auf unser Essen „vergreifen“ wir uns aus lauter Verzweiflung an den zur Genüge bereitstehenden Brötchen. Dies ist aber mit größeren Schwierigkeiten verbunden, als er die Tür öffnet, liegt vor dem Beifahrersitz eine Schlange.
Der junge Elsässer — offenbar kein Schlangenfreund — ergreift die Flucht.
Mit dem Essen und Trinken in Mexiko muss man etwas vorsichtig sein. Einige beachteten dies nicht, was die Gedärme der Betroffenen mit starker Überfunktion quittierten.
Die Toiletten des Hotels waren stark frequentierte Örtchen.
Am vierten Tag unserer Anwesenheit in Acapulco war morgens unser Mietwagen verschwunden, geklaut, dachten wir.
Im Büro der Autovermietung sagte man uns, das sei fast unmöglich. Autos würden hier selten geklaut, wir hätten wohl im Parkverbot gestanden und der Wagen (Schrottmühle wäre richtiger) sei abgeschleppt worden.
Die Vermietung regelt das. Wir bekommen kurzerhand einen anderen Wagen. Er ist aber auch nicht besser als der andere, die Gänge muss man mit dem Hammer reinschlagen.
Text Ralph Müller
Fotos Classicpattern, Gerard Werion, Phil und Iris Stevens