WEBRA – eine Epoche im Modellmotorenbau!
Rückblick auf eine historische Entwicklung der WEBRA-Modellmotoren in Deutschland und Österreich. Wir danken Herrn Herrn Gerhard Kaineder für die Dokumentatin der Firmengeschichte von Webra. Der Ruhestand si Ihm gegönnt!
Wo alles begann
Eine Reihe von bekannten Modellbaufirmen entstand in Deutschland nach der Zeit des Zweiten Weltkrieges. So gründete auch Werner Martin Bragenitz in dem Nachkriegsjahr (1946) ein feinmechanisches Unternehmen mit Sitz in Berlin wo er sich mit der Produktion von kundenspezifischen feinmechanischen Bauteilen sowie Zahnradfertigung beschäftigte.
Als eigenständiges Produkt wurden Modellmotoren von 0,5 bis 10 ccm hergestellt. Mit der Entwicklung eines Selbstzünder-Motors, sogenannter „Diesel“-Modellmotor*), versuchte Bragenitz 1948 den Webra 2,46 auf den Markt zu bringen und dass mit Erfolg. Das Markenzeichen „WEBRA“ (WErner BRAgenitz) war geboren.
Es war Anfang der 50er Jahren wo in Berlin-Schöneberg die Firma „Feintechnik Martin Eberth“ plante Modellmotoren herzustellen. Der Inhaber, Martin Eberth, beschäftigte sich bisher mit der Herstellung von feinmechanischen Teilen, Geräte, Zahnräder, Schnecken usw.
Generell kann man sagen, dass die Entwicklung von Modellmotoren noch am Anfang stand. Man kann es daher durchaus als glückliche Fügung bezeichnen, dass sich Martin Eberth und Werner M. Bragenitz im Laufe des Jahres 1950 kennen lernen. Beide sahen eine große Chance darin, die beiden Feintechnikfirmen zu einer einzigen zusammen zu führen.
Die Nachkriegszeit war eine wirtschaftlich bewegte Zeit: Vertriebswege und neue Partner wurden gesucht. Bragenitz und Eberth fusionierten ihre Feintechnikfirmen. In den Folgejahren, nach verschiedenen Umstrukturierungen, entstand die Firma „Fein- und Modelltechnik“ in Berlin-Schöneberg. Als Konstrukteur war Günther Bodemann engagiert und 1956 wurde der erste Glühzündermotor**) vorgestellt.
Es folgten eine Reihe von Wettbewerbserfolgen und mit der steigenden Nachfrage gelang man an die Grenzen der Kapazität. Der Sitz der Firma wurde nach Berlin, Oranienstraße 6 verlagert. Mehr Räumlichkeiten ermöglichten die Kapazität zu erhöhen und der Nachfrage nachzukommen. Bragenitz scheidet aus dem Unternehmen aus. Der Produktname „WEBRA“ verbleibt in der Firma. Martin Eberth ist nun ab 1962 Alleininhaber.
Anfang der 60iger Jahre wurden auf der Nürnberger Spielwarenmesse die WEBRA Glühzündermotoren wie der 5 ccm „Big Ben“, der „Bully 2-Glo“ oder der 2,5 ccm „Winner 2“ vorgestellt. Es folgte der 3,5 ccm „Glo Star“ und der 1,7 ccm „Sport-Glo“ und folglich die „Blackhead“-Serie 6,5 und 10 ccm vorgestellt.
In den 60er Jahren wurde die politische Situation in West-Berlin immer unsicherer. Unternehmer machten sich Sorgen um den Fortbestand ihres Betriebes. So auch Eberth. Er suchte Kontakte zu einen seiner Mitbewerber, der Hirtenberger Patronen- und Zündhütchen AG. in Hirtenberg/Österreich (HP).
In dem Hirtenberger Unternehmen entstand in den 60iger Jahren unter Leitung von Paul Bugl ein Produktionszweig für Modellmotoren der „Diesel“-Generation (z.B. HP15). Da die Produktion nur im kleinen Umfang lief wurde 1968 Johann Kaineder als Arbeitstechniker und folglich als Betriebsleiter angestellt.
Unter Kaineder entstanden die ersten größeren Serienprodukte wie die erfolgreichen Glühzündermotoren der HP40er und HP60 „Silverline“-Generation die mit Schnürle Spülung leistungsfähiger und für den aufkommenden RC-Flug besser geeignet waren. Für die Konstruktion zuständig war Peter Billes. Paul Bugel schied zu diesem Zeitpunkt aus dem Hirtenberger Unternehmen aus.
Die ersten Kontakte von Martin Eberth mit Johann Kaineder entstanden bei der Spielwarenmesse in Nürnberg Anfang der 70er Jahre. Man einigte sich und bereits 1972 das neue WEBRA-Werk in Enzesfeld (unweit von Hirtenberg), ca. 35 km südlich von Wien, zu gründen. Unmittelbar nach Gründung konnte der Betrieb aufgenommen werden.
Johann Kaineder, selbst Geschäftsführer, baute eine Serienfertigung auf, wobei zunächst der Webra 3,5 ccm Glowstar, der ohne Änderungen voll von Berlin übernommen wurde, vom Band lief, bevor man ausnahmslos zu Eigenkonstruktionen überging.
Enzesfeld wurde im WEBRA-Konzern der Ort für technische Entwicklungen. Eine dieser Innovationen waren die sehr erfolgreichen Serien der 2-Takt Glühzündermotoren mit der innovativen Schnürle-Spülung der Typen
„Webra Speed“
1,8 bis 2,5 ccm
3,5 bis 4,5 ccm
6,5 bis 8 ccm
10 bis 13 ccm
15 bis 25 ccm
„Webra Racing“
10 bis 26 ccm
„Webra Bully“
35 ccm
„Webra P5”
10 bis 16,2 ccm
„Webra Boxer“
30 ccm
und die 4-Takt Serien „Webra T4“
6.5 bis 15 ccm
Hier einige der Motorenpalette:der 70jährigen Firmengeschichte
Inzwischen war das Werk Berlin aufgegeben worden, ab 1975 ging es mit dem Unternehmen im deutschen Weidenberg bei Bayreuth mit einer eingeschränkten Herstellung der bisherigen älteren Berliner-Konstruktionen weiter.
Enzesfeld wurde im Lauf der Jahre immer mehr zum Zentrum der WEBRA-Motorenfertigung ausgebaut. Es gab keine Neukonstruktion eines WEBRA Motors mehr, die nicht aus Österreich kam.
Die Hirtenberger Patronen- und Zündhütchen AG. stellte 1986 ihre Motorenherstellung ein. Ein Jahr zuvor gab es bei WEBRA Enzesfeld eine Änderung in der Geschäftsführung, Johann Kaineder ging aus Altersgründen in den Ruhestand und sein Sohn Gerhard Kaineder übernahm seine Aufgaben.
Auch die gesellschaftlichen Verhältnisse im WEBRA Konzern änderten sich und Horst Eberth (Sohn von Martin Eberth) übernahm die Geschäftsführung in Weidenberg wo man sich zunehmen spezialisierte als Lohnfertiger und Zulieferer für die Autoindustrie.
Enzesfeld war klug genug, sich nach Produktionsende der Hirtenberger sich sofort in den um sich greifenden Wettbewerbszirkus einzuspulen und weitere Motoren zu entwickeln, die von Wettbewerbsmodellfliegern benötigt wurden. Der Österreicher Hanno Prettner, siebenfacher Weltmeister im Motorkunstflug en suite und der Liechtensteiner Wolfgang Matt und andere natürlich, erzielten ihre Erfolge mit Triebwerken der Marke Webra.
Auch die Modellhubschrauber profitierten von den Entwicklungsarbeiten der WEBRA-Techniker. Sie schufen Motoren, die besonders auf den Betrieb der Drehflügler abgestimmt waren. Unter anderem mit höheren Motorleistungen, besserem Wirkungsgrad, wirksamerer Kühlung und vor allem reduzierter Lärmentwicklung. Auch konstruktive Technik, allgemeines Laufverhalten und Standfestigkeit durfte WEBRA als „über dem Durchschnitt“ liegend bezeichnen.
Daraus entspann sich eine enge Zusammenarbeit zwischen Helikopter-Herstellern und profunden Hubschrauber Piloten. Webra-Enzesfeld hat immer in Richtung Entwicklungen und Verbesserungen eigene Schritte unternommen. Man orientierte sich nie an der Technik der Konkurrenten, sondern ausnahmslos an den neuesten technischen Errungenschaften und versuchte diese im Alleingang noch zu verbessern.
Gerhard Kaineder mit seinem Konstrukteur Peter Billes waren dabei die treibende Kraft in der Weiterentwicklung auf dem Sektor Motorentechnik. WEBRA Enzesfeld war jedenfalls ein eigenständiges österreichisches Unternehmen geworden.
Seit 1972 wurde in Enzesfeld entwickelt und produziert. Das unverrückbare Standbein waren nach wie vor Verfeinerung und Herstellung von Verbrennungsmotoren, auch wenn WEBRA zeitweise in Randgebiete wie Elektroantriebe, Servos, Empfänger und Funkfernsteuerungen einstieg. WEBRA nahm sich auch des Viertaktmotors an, musste aber erkennen, dass im Zweitakter noch eine Menge Entwicklungspotential steckt.
Um den Motorenlärm etwas in den Griff zu bekommen, senkte man die Drehzahlen (Langhuber), ohne dabei Drehmoment zu opfern und stürzte sich auf die bislang etwas vernachlässigte Schalldämpfung. Das Ergebnis war überraschend. WEBRA-Motoren mit dazu passenden Schalldämpfern zählten zu den leisesten Aggregaten der Modellfliegerei. Und damit war der Zweitakter wieder groß im Kommen.
Was sich in Folge geändert hat, ist das Interesse an Hubschraubern, der den Flächenmodellen immer mehr Konkurrenz machte. Auch darauf hat sich WEBRA eingestellt. In Enzesfeld ist man an die motorischen Anforderungen neuester Helikoptermodelle herangegangen und hat Motorleistungen, Motorkühlung, Materialien, Laufverhalten und konstruktive Technik den besonderen Eigenschaften dieser Gattung Flugmodelle angepasst.
Obwohl WEBRA nach wie vor ganz besonders mit dem Modellflug verwachsen war, haben sich auch andere Gebiete auf elektronischer Basis etabliert. Insbesondere auf dem Sektor industrielle Elektronik entwickelte sich das Unternehmen zu einem vielbeachteten Spezialisten. Die daraus gewonnenen Erfahrungen der Funkfernsteuerungen schlagen sich natürlich auch auf das Fach Modellflug nieder. Es wundert nicht, wenn neben der tragenden Säule Motorfertigung auch besonders leistungsfähige und sichere Sender und Empfänger in unterschiedlichen Funkfrequenzen vom Band liefen. Hier wurde also nicht fremdes Wissen angekauft, sondern selbst entwickelt.
Dieses neue Marktsegment ist für WEBRA zu einem weiteren Standbein geworden, der die manchmal schwankende Nachfrage nach Freizeitprodukten (Modellflug) leicht ausgleichte. Im Übrigen beruhigt die Tatsache, dass die gesamte Produktion zu 90 Prozent exportorientiert war und Abnehmer in Deutschland, übriges Europa, den USA und Asien findet. Selbst der japanische Markt war nicht uninteressant. „Made in Austria“ hatte dort seit langem einen gewissen Stellenwert.
In den 90iger Jahren kamen vermehrt Modellbauprodukte aus China auf dem Weltmarkt. Ursprünglich von niederer Qualität zu unterschwelligen Preisen. Zu den in Europa herrschenden hohen Produktionskosten gegen über den in China gegeben Produktionskosten konnte viele europäischen Modellbauproduzenten nicht mehr konkurrenzfähig sein. Man stellte sich auf Marktsegmente ein die Innovation, Leistung und vor allem Qualität verlangte. Hier konnte auch WEBRA seine Produkte weiter entwickeln und vermarkten.
Bedingt durch die Weltfinanzkrise 2008 wurde auch das Werk WEBRA Enzesfeld im Jahre 2010 in Mitleidenschaft gebracht. Das Unternehmen musste die Insolvenz beantragen, an ein Weiterführen des Unternehmens war von der Gesellschafter Seite nicht mehr angedacht, damit ging die WEBRA Modellmotoren-Ära von mehr als 70 Jahren zu Ende.
Das Konstruktionsprinzip des „Diesel“ Modellmotors bestand aus einem Alu-Spritzguss Kurbelgehäuse welches die Zylinderlaufbuchse aufnahm an deren oberen Ende ein Gegenkolben saß. In dem montierten Kühlkopf wurde über ein Gewinde ein Knebel eingebracht der zur Einstellung der Kompression diente. Als Treibstoff wird ein Gemisch von Äther, Petroleum und Rizinusöl verwendet.
Danke an Gerhard Kaineder
© Hornig Classicpattern.com
Fotos: Gerhard Kaineder, Classicpattern Bestand